Wissensexkursion Permakultur, Teil 13.

Das zwölfte und letzte Gestaltungsprinzip von David Holmgren fordert uns auf, den Fokus mehr auf die Möglich­keiten als auf die Hindernisse zu lenken.

Nahezu alles kann eine positive Ressource sein – allein unsere Art, die Dinge und Situationen zu sehen, entscheidet darüber. Ein gutes Beispiel ist hier das »Entsorgungsproblem« Fäkalien: Wir zivilisierte Westler vermischen diese derzeit überwiegend mit Trinkwasser – einem Lebensmittel! – und transportieren diese Soße weit weg, um schließlich in einem energieaufwendigen Klärprozess beides wieder halbwegs zu trennen. Die Nährstoffe, die der dabei gewonnene Klärschlamm enthält, landen dann aber nicht etwa wieder auf den Feldern, denen sie mit der Ernte entzogen wurden. Nein: Weil sie in Kläranlagen mit Industrieabwässern gemischt, das heißt verunreinigt wurden, werden die Nährstoffe in Deutschland vielfach verbrannt und deponiert – und somit jeglichem Kreislauf entzogen.

Dabei ist die Vermischung von Wasser- und Nährstoffkreislauf unnötig. Ein trockenes Kompostklosett ermöglicht mit Hilfe des natürlichen Bodenlebens den vollständigen Abbau unserer Fäkalien. Der dabei entstehende Mistkompost kann problemlos an Bäume und Sträucher als Dünger gegeben werden. Möglicherweise in Kot enthaltene Krankheitskeime oder Arzneimittelrückstände werden von Bodenorganismen besser abgebaut als im Wasser.
David Holmgren beschreibt das hinter dem Kompostklo steckende Gestaltungsprinzip von zwei Seiten: Zum einen ermöglicht es, eigene Projekte so zu gestalten, dass Veränderungen in einer besonnenen, kooperativen Art genutzt werden. Zum anderen geht es darum, kreativ auf großmaßstäbliche – das heißt: außerhalb unseres Einflussbereichs liegende – Systemveränderungen zu reagieren oder sich daran anpassen.

Als Permakulturgestalter bringen wir von außen Veränderung in Systeme hinein. Holmgren sagt dazu: »Das grundsätzliche Problem der Kontrolle über Systeme von außen ist, dass wir zu vieles zu schnell tun.« Eine kleine, gut durchdachte Veränderung sei oft wertvoller. »Menschliche Motivation und Energie sind wundervolle Ressourcen, doch exzessives Eingreifen in natürliche Systeme scheint ein Fehler zu sein, den wir immer wieder begehen.« Das Gegenteil von übereifrigem Aktivismus propagierte auch Masanobu Fukuoka mit seiner natürlichen »Nichts-Tun-Landwirtschaft«. Dabei gehe es gar nicht darum, als passiver Konsument am Tropf der Natur zu hängen; wir sollten nur der bewährten Strategie folgen, erst zu beobachten und ausgiebig nachzudenken, bevor wir verändernd eingreifen.

Eine der großen Veränderungen, an die die Menschheit sich anpassen muss, ist der Klimawandel. In unseren Breiten zeigt er sich etwa durch neue Artenzusammensetzungen in Flora und Fauna sowie durch Wetterveränderungen mit mehr ­Ex­tremereignissen wie Trockenzeiten, ­Stürmen und Starkregen. Dem können wir bewusst begegnen, indem wir beispielsweise Fließgewässern wieder mehr Überschwemmungsflächen überlassen und unsere Landnutzung so anpassen, dass Erosion verringert wird. Dazu Holmgren: »Die Dauerhaftigkeit von natürlichen Lebenssystemen, aber auch von menschlicher Kultur, hängt paradoxerweise in weitem Maß von Flexibilität und Veränderung ab.«

Flexibilität ist auch entscheidend bei der Frage, ob wir beim Herstellen von Dingen auf Erneuerbarkeit oder Dauerhaftigkeit setzen. Es gilt stets, gut abzuwägen, wo es sinnvoll ist, die natürlichen Abbauprozesse energieaufwendig zu bekämpfen. In den Tropen sind Bananenblätter das traditionelle Wegwerfgeschirr für feste Speisen, bei uns erfüllen Weißkohlblätter den gleichen Zweck. Baumaterialien, die schneller nachwachsen als sie verrotten, sind beispielsweise Bambus, Stroh oder Schilf. •

Quelle
Oya – anders denken. anders leben, Ausgabe 29
http://www.oya-online.de/article/read/1578-.html

Autor
Ulrike Meißner
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Kategorien: Humusrevolution