PAN Germany beleuchtet in der vorliegenden Stellungnahme die besondere Problematik der in Deutschland weitgehend unregulierten Nutzung biozidhaltiger Antifoulingbeschichtungen („Antifoulings“) im Sportbootsektor. PAN Germany appelliert an die Bundesregierung und an die Bundesländer, konsequenter gegen Einträge von Bioziden in deutsche Gewässer vorzugehen, wirksame Risikominderungsmaßnahmen verbindlich festzulegen, insbesondere Schutzgebiete und ihre Artenvielfalt vor Biozidbelastungen zu schützen und den Einsatz von umweltschonenden, biozidfreien Alternativen aktiv zu fördern.
…. Aktuelle Analysen und Kalkulationen in vom Umweltbundesamt (UBA) beauftragten Studien zeigen, dass in Deutschland Sportboote in der Regel jährlich oder jedes zweite Jahr mit Antifoulings gestrichen werden. Schätzungsweise rund 198 Tonnen Biozid-Wirkstoffe, davon 141 Tonnen Kupfer, werden so jährlich im deutschen Sportbootsektor eingesetzt. Dabei wird pro Boot ca. viermal so viel Kupfer verstrichen wie in Schweden. Jährlich gelangen auf diese Weise circa 70 Tonnen Kupfer aus den Rumpfbeschichtungen in die Gewässer, also rund 50% der aufgebrachten Menge. Diese Men- ge an Kupfer entspricht rund 19% der gesamten Kupfereinträge in deutsche Oberflächengewässer. Der schädliche Kupfereintrag aus Antifoulings ist demnach erheblich. Das Kupfer wirkt in den Ge- wässern ökotoxisch auf Bakterien, Algen, Flusskrebse und Fische. An 11% der LAWA-Messstellen (Messstellen der staatlichen Länder Arbeitsgemeinschaft Wasser) werden die Umweltqualitätsnor- men (UQN) für Kupfer überschritten. Hinzu kommen Einträge von jährlich ca. 9,5 Tonnen organi- sche Biozid-Wirkstoffe und 20 Tonnen Zinkoxid.14….
Gerne wird die Verwendung toxischer Antifoulings mit dem Schutz vor der Einschleppung fremder Arten begründet. Der Deutsche Seglerverband geht sogar so weit, dieses Problem dem EU- Biozidrecht anzukreiden. PAN Germany kritisiert diese Position scharf. Das Einschleppen invasiver Arten erfolgt und wird begünstigt durch menschliche Aktivitäten und nicht durch eine Gesetzgebung. Wassersportler er- warten einen unbegrenzten Zugang zu allen Gewässern, deshalb sind sie und niemand sonst für negative ökologische Auswirkungen ihrer Aktivitäten verantwortlich. Dasselbe gilt für ihre Entschei- dung giftige Antifoulings einzusetzen. Des Weiteren ist es weder sinnvoll noch zielführend ein Um- weltrisiko durch ein anderes Umweltrisiko mindern zu wollen. Am wichtigsten ist aber, dass Antifoulings die Einschleppung invasiver Arten gar nicht verhindern können. …
Spätestens seit den verheerenden Umweltschäden des hormonell schädlichen Antifoulingbiozids Tributylzinn (TBT) und seines globalen Anwendungsverbotes, sollten die Risiken hochgiftiger Antifouling-Anstriche für die aquatische Umwelt allen befassten Akteuren bewusst sein. Bereits 2003 wurde in einem Antifouling-Symposium auf der zweitgrößten Wassersportmesse Deutschlands Interboot über die Eignung biozidfreier Beschichtungen und über Reinigungsverfahren als Alternativen für die gewässergefährlichen Antifoulingbeschichtungen diskutiert.7 Es folgten über die Jahre hinweg weitere Praxistests für Alternativen wie für Antihaftbeschichtungen oder abriebbeständige, rei- nigungsfähige Beschichtungen und Reinigungsvorrichtungen. Aus den Untersuchungen in verschiedenen Beipielregionen und bei unterschiedlichen Bootstypen zeigt sich, dass sich insbesondere in Regionen mit geringem Bewuchsdruck – also i.d.R. in Binnengewässern und Brackwasser –biozidfreie Verfahren sehr wohl als wirksame Alternative anbieten.
In anderen Gebieten, insbesondere in Skandinavien, sind solche alternativen Systeme sowie Schutzfolien, Matten, Bootswaschanlagen und Bootshebeanlagen bereits häufig im Einsatz. Das man Anderenorts im Bereich der Alternativen schon weiter ist, liegt auch daran, dass es dort regula- tive Beschränkungen bis hin zum Totalverbot beim Einsatz von Antifoulings gibt.11 In Deutschland sind vergleichbare Entwicklungen, weg vom Chemieeinsatz und hin zur Nutzung von biozidfreien Alternativen, kaum erkennbar. Dies wird auch mit Blick auf den Produktmarkt auf Messen, im Fach- handel oder dem Onlinemarkt offensichtlich. …
PAN Germany plädiert für einen vollständigen Ausstieg aus der Nutzung von Biozidproduk-ten (PT 21 „Antifoulings“) für den Bewuchsschutz an Sportbooten im Süß- und Brackwasser, (inkl. der Ostsee-Region) bis zum Jahr 2030 und fordert einen ambitionierten Maßnahmen- plan für einen Ausstieg aus der Nutzung von Antifoulings im Salzwasser (Nordsee-Region).