Presseberichte aus der Zeit vom 15.09.2001 bis 10.01.2002

Nordkurier 15.9.2001

Komplette Ernte in Pulow vernichtet
Pflanzengifte lassen Kräutergarten sterben

Pulow (EB/as). Die komplette diesjährige Ernte der Pulower Genossenschaft „Kräutergarten Pommerland“ ist vernichtet. Das stellte gestern Simone Schaefer aus dem Vorstand der Genossenschaft gegenüber der AZ fest. Die Ursache steht für sie und ihre Kollegin Christiane Wilkening fest: In der Vorwoche wurden durch die benachbarte Peeneland GmbH auf den Flächen um Pulow hochwirksame Pflanzengifte ausgebracht. Dabei seien wohl gesetzliche Bestimmungen zu Abständen und Windgeschwindigkeiten nicht eingehalten worden.

Die Auswirkungen seien fatal, so Simone Schaefer. Der Bestand an Zitronenmelisse sei komplett vernichtet. Alle Neuaustriebe zeigen gelb-weiße Verfärbungen, die Blattränder werden braun und sterben ab. Der Zustand der Pflanzen verschlechtere sich zusehends. Das bedeute für die Genossenschaft „mindestens einen kompletten Ernteverlust. Zu befürchten ist darüber hinaus ein Verlust des gesamten Bestandes.“ Außerdem könne eine derartige „Verseuchung“ eine Rückstufung im Anerkennungsverfahren als ökologische Fläche bedeuten. „Drei Jahre Arbeit sind umsonst“, stellt Simone Schaefer fest. Und der finanzielle Verlust lasse sich noch gar nicht beziffern, meint Christiane Wilkening.

Behörden verständigt

Auch in umliegenden Gärten seien von den Besitzern schon Pflanzenschäden entdeckt worden. Selbst an Wildpflanzen tauchen Vergiftungserscheinungen auf, berichtet die Pulowerin. Einige Dorfbewohner hätten sogar über rauhe Kehlen, Kopfschmerzen, Hautirritationen und Abgeschlagenheit geklagt, so Christiane Wilkening.

Schaefer und Wilkening wollen sich wehren. Mittlerweile haben sie an Minister Till Backhaus (SPD) und das Amt für Landwirtschaft in Ferdinandshof gewandt. Am Dienstagmorgen findet ein erster Ortstermin mit dem Leiter des Greifswalder Pflanzenschutzamtes statt. Bernard Kowolik, Geschäftsführer der Peeneland Agrar GmbH, war gestern nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Ostseezeitung 15.9.2001

Genossenschaft aus Pulow erstattete Anzeige
Schäden an Kräutern durch Pflanzengift

Anzeige hat die Kräutergarten Pommernland e.G. in Pulow jetzt beim Amt für Landwirtschaft in Ferdinandshof gegen die Hohendorfer Peeneland Agrar GmbH erstattet.

Pulow (OZ) Als in der Woche vom 3. bis zum 7. September 2001 durch die Hohendorfer Peeneland GmbH auf deren Flächen in der und um die Gemeinde Pulow hoch wirksame Pflanzengifte ausgebracht wurden, seien offensichtlich dabei die gesetzlichen Bestimmungen nicht beachtet worden, vor allem was den Abstand zu benachbarten Flächen und die Windgeschwindigkeit sowie -richtung betreffe. Das stellt die Kräutergarten Pommernland e. G. in Briefen an das Amt für Landwirtschaft in Ferdinandshof und an Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus fest. Die Genossenschaft baut u.a. in der Pulower Gemarkung biologische Heil- und Gewürzkräuter an.

Die Kräutergarten e.G. habe, so wird weiter geschildert, erheblichen Schaden an ihren Kulturen erlitten. So sei ein in diesem Jahr neu gepflanzter Bestand an Zitronenmelisse komplett vernichtet worden. Diese Schäden bedeuteten für die Genossenschaft mindestens einen kompletten Ernteverlust, doch zu befürchten sei der Verlust des gesamten Bestandes. Außerdem könne eine derartige Verseuchung der Flächen eine Rückstufung im Anerkennungsverfahren zur Zertifizierung dieses Areals bedeuten. Drei Jahre Arbeit seien damit umsonst gewesen.

In den Schreiben nach Ferdinandshof und nach Schwerin wird zugleich darauf hingewiesen, dass Einwohner u. a. über Atembeschwerden und Hautreizungen geklagt hätten und dass auch in umliegenden Gärten Schäden an Pflanzen entdeckt worden seien. Am Klein Jasedower See habe es ebenfalls derartige Schäden an Wildpflanzen gegeben.

Die Kräutergarten Pommernland e. G. hat nun beim Amt für Landwirtschaft Anzeige wegen Schädigung bzw. Vernichtung ihres Pflanzenbestandes gegen die Peeneland GmbH erstattet. Zugleich wird das Amt aufgefordert, auf der Basis einer gründlichen Untersuchung vor Ort das Ausmaß des Schadens festzustellen und „dem Treiben der Peeneland Agrar GmbH diesbezüglich umgehend ein Ende zu setzen“.

In Ferdinandshof ist das mit dem 11. September datierte Schreiben aus Pulow gestern eingegangen. Fachbereichsleiter Hans Gräfe sagte dazu auf OZ-Nachfrage, man habe den Vorgang sofort an das dafür zuständige Pflanzenschutzamt des Landes weitergeleitet. Voraussichtlich dessen Außenstelle in Greifswald habe sich damit zu befassen.

In der Hohendorfer Peeneland GmbH war Geschäftsführer Bernhard Kowolik gestern zu einer Stellungnahme nicht zu erreichen. Sein Stellvertreter Olaf Czeskleba war über den Sachverhalt nicht informiert, zumal der Pflanzenschutzverantwortliche des Unternehmens gestern nicht anwesend war. Czeskleba sicherte eine genaue Prüfung der Angelegenheit zu, über deren Ergebnis man in der OZ so schnell wie möglich Stellung nehmen werde.

von Dietrich Butenschön

Nordkurier, 19.9.2001

Jasedower müssen auf Ernte verzichten
Leiter des Pflanzenschutzamtes: nach Herbizid-Behandlung ist Verzehr von Gartenfrüchten „verboten“

Klein Jasedow. Die Auswirkungen der Herbizid-Behandlung auf den Feldern rings um Klein Jasedow sind schlimmer als befürchtet. Zu diesem Resultat kamen gestern die Beteiligten whärend eines Ortstermins in der Gemeinde. Der Leiter des Greifswalder Pflanzenschutzes, Peter-Jürgen Stiemer, sah sich angesichts der Situation vor Ort gezwungen, den Einwohnern zu „verbieten“, die Erzeugnisse aus ihren Gärten zu verzehren.

Simone Schaefer und Christiane Wilkening, Vorstandsmitglieder der Genossenschaft „Kräutergarten Pommerland“ hatten in der vergangenen Woche den Ortstermin einberufen, weil auf ihren Anbauflächen Pflanzen gestorben waren und sie dies und andere Symptome im Dorf auf eine unangemessene Herbizid-Behandlung der benachbarten Peeneland Agrar GmbH zurückführen (wir berichteten). Gestern wurden noch mehr Vorwürfe laut. Dorfbewohner berichteten von Gesundheitsschäden wie Ausschlägen und Atembeschwerden, vor allem bei ihren Kindern. Im ganzen Dorf häuften sich weißliche Verfärbungen an Pflanzen.

Peter-Jürgen Stiemer führt diese Schäden an Gesundheit und Natur eindeutig auf die Herbizid-Behandlung durch die Peeneland-GmbH zurück. Deren stellvertretender Geschäftsführer Olaf Czeskleba, der ebenfalls vor Ort war, erkannte diesen Zusammenhang an und erklärte die Bereitschaft seiner Firma zu einer gütlichen Einigung mit allen Geschädigten. Das dürfte teuer werden. Schließlich sind etliche der Klein Jasedower Selbstversorger, und der Schrecken stand so einigen im Gesicht geschrieben, als ihnen die Konsequenz bewusst wurde, nun kein Obst und Gemüse aus heimischer Zucht verzehren zu dürfen.

Bio-Betrieb vor Neuanfang

Schlimmer allerdings sind die Konsequenzen für den „Kräutergarten Pommerland“. Die junge Genossenschaft stand kurz vor der Zertifizierung als ein nach EU-Normen anerkannter Bio-Betrieb. Ein solches Anerkennungsverfahren dauert im Normalfall drei Jahre. Nun muss wieder von neuem begonnen werden, erklärte gestern Alfons Krieger von der „Vereinigung ökologischer Landbau Gäa“. „Wir empfehlen, dass der Kräutergarten sich eine Austauschfläche sucht – allein wegen der Wiederholungsgefahr“, so Krieger. Ein Sachverständiger wird nun die Schäden in der Gemeinde registrieren. Ein Beamter der Umweltpolizei nahm gestern seine Ermittlungen auf. Amtsleiter Stiemer beginnt weitgehende Untersuchungen auf den Feldern und in der Peeneland Agrar GmbH, um die genaue Ursache für die Schäden benennen zu können. Und Bürgermeister Matthias Andiel wird zusätzlich eine Anlaufstelle für alle Geschädigten errichten.

von Andreas Segeth

Nordkurier, 19.9.2001

Verzehr untersagt

Pulow (EB). Die Folgen des Herbizid-Einsatzes auf Feldern der Peeneland Agrar GmbH sind schlimmer als befürchtet: Der Leiter des Pflanzenschutzamtes untersagte den Einwohnern des Pulower Teilorts Klein Jasedow, Obst und Gemüse aus ihren Gärten zu essen. Noch gravierender sind die Folgen für die Genossenschaft „Kräutergarten“ – sie kann nicht als Bio-Betrieb anerkannt werden

Ostseezeitung, 19.9.2001

Lokaltermin am Melissenfeld
Peeneland Agrar GmbH erkennnt Verantwortung für Pflanzenschäden an

Mitarbeiter der Hohendorfer Peeneland Agrar GmbH haben beim Spritzen von Herbiziden im Bereich der Gemeinde Pulow erhebliche Schäden angerichtet. Das wurde gestern beim Lokaltermin deutlich.

Klein Jasedow. Die Gruppe der Menschen, die sich am Ortsrand von Klein Jasedow versammelt haben, wird von Minute zu Minute größer. Sie stehen neben einer Fläche mit Zitronenmelisse; die erst in diesem Jahr in den Boden gebrachten rund 5000 Pflanzen weisen selbst für den Laien klar erkennbare Schäden auf: Weißlich verfärbt, auch Holundersträucher und andere Wildpflanzen in der Nähe zeigen derartige Symptome. Für 3 Jahre fallen die von diesem Feld erwarteten Erträge nun aus – ein herber Verlust für die Genossenschaft. Und die Versammelten berichten, dass es solche Schäden auch anderenorts in der Gemeinde gibt, dass Kulturen in Gärten in Mitleidenschaft gezogen sind. Vor allem aber klagen Einwohner seit einigen Wochen über Hautreizungen, Atembeschwerden oder gar Ausschlag.

Peter Jürgen Stiemer, Leiter der Greifswalder Außenstelle des Landespflanzenschutzamtes, ist durch die Kräutergarten Pommerland e.G. über die Schädigung des Feldes mit Zitronenmelisse informiert worden. Anberaumt ist ein Lokaltermin, zu dem auch Vertreter der Peeneland GmbH erschienen sind. Und die kommen ob des klaren Sachverhalts nicht umhin, sich zu ihrer Verantwortung zu bekennen. Offensichtlich haben einerseits die Spritzenfahrer beim Ausbringen des Pflanzengiftes gesetzliche Bestimmungen nicht eingehalten, andererseits sind auch durch die Geschäftsführung der Gesellschaft die Arbeiten nicht konsequent überwacht worden. So sind die Hohendorfer denn auch schnell bereit, für die Schäden aufzukommen, die von ihnen verursacht worden sind.

Deren exakte Höhe zu ermitteln, obliegt nun einem durch die Landesregierung bestellten vereidigten Sachverständigen. Auch die geschädigten Kleingartenbesitzer werden ihre Forderungen aufmachen. Der Pflanzenschutzdienst wiederum wird die Peeneland GmbH gründlich unter die Lupe nehmen. Stiemer nahm unmittelbar nach dem Lokaltermin die entsprechende Dokumentation in Augenschein, will außerdem durch Bodenproben feststellen, ob z.b. Sölle ebenfalls geschädigt worden sind. Er kündigte zudem an, seine Behörde werde beantragen, das unter anderem in Pulow verwendete Herbizid aus dem Verkehr zu nehmen. Der Leiter der Greifswalder Außenstelle des Pflanzenschutzamtes warnte vor dem Verzehr von Obst und Gemüse aus Gärten, die durch den Giftnebel in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Auch von Wildfrüchten sollte man im Bereich der Gemeinde Pulow besser die Hände lassen, bis die Wirkung der Chemikalien endgültig abgeklungen ist.

Beide Seiten um Ausgleich bemüht

Am Rande von Klein Jasedow sind gestern gewissermaßen zwei Welten aufeinander getroffen: Die der Kräuteranbauer und anderen Dorfbewohner, die sich biologischen und damit umweltschonenden Anbaumethoden verschrieben haben, und die der Peeneland Agrar GmbH, eines landwirtschaftlichen Großbetriebes, zu dessen Arbeitspraktiken nun mal auch der Einsatz von Chemikalien in größerem Umfang gehört. Und für deren stellvertretenden Geschäftsführer Olaf Czeskleba und den Pflanzenschutzbeauftragten Norbert Krüger war es offensichtlich ein schwerer Gang zum gestrigen Lokaltermin bei Klein Jasedow.

Doch auch ihnen ist es zu verdanken, dass die eindeutig schon lange vorhandene Konfrontation zwischen beiden Parteien sich gestern nicht weiter verhärtete. Allen Beteiligten war – trotz kaum zu überbrückender Gegensätze – die Erleichterung darüber anzumerken, zu einer gütlichen Einigung gekommen zu sein, vielleicht sogar zum Beginn eines besseren Miteinanders. Nicht zu vergessen die positive Rolle, die der Leiter der Greifswalder Außenstelle des Pflanzenschutzamtes gespielt hat. Er ließ einerseits an der Konsequenz keinen Zweifel, mit der seine Behörde die Verstöße gegen gesetzliche Auflagen ahnden wird, bot sich andererseits aber auch als Vermittler, als Moderator an. Denn klar wurde, dass es ein längerer und schwieriger Prozess sein wird, die konventionell arbeitenden Landwirte und die Vertreter einer größeren Nachhaltigkeit mit der Natur näher zusammen zu bringen.

von Dietrich Butenschön

Ostseezeitung: 20.9.2001

Herbizid vergiftete Kleingärten bei Wolgast

Klein Jasedow (ddp). In der Gemeinde Klein Jasedow bei Wolgast herrscht Giftwarnung. In Gärten des Ortes ist offenbar ein Unkrautvernichtungsmittel gelangt, das Ende August auf einem angrenzenden Rapsfeld ausgebracht worden war. Den Einwohnern wurde inzwischen der Verzehr von Früchten aus den Gärten verboten, wie der Leiter der Greifswalder Außenstelle des Landespflanzenschutzamtes, Peter-Jürgen Stiemer, bestätigte. Anwohner hätten bereits über Fälle von Hautausschlägen und Durchfall berichtet.

Beim Herbizid handelt sich es um Brasan, das auf Winterrapsfeldern insbesondere sogenannte Problem-Unkräuter vernichten soll. Der Hersteller, die hessische Syngenta Agro GmbH, schließt eine Gesundheitsgefährdung für den Menschen aus. Das Verzehrverbot sei als Vorsichtsmaßnahme dennoch angebracht.

Wie das Herbizid in die Gärten gelangte, ist noch unklar. Der Anwenderbetrieb, die Peeneland Agrar GmbH Hohendorf, versicherte, alle Bestimmungen des Herstellers eingehalten zu haben. Das Landespflanzenschutzamt vermutet, dass das Herbizid mit zu starkem Druck gespritzt wurde. Der Betrieb strebt nun eine gütliche Einigung an, will Schadensersatzforderungen anerkennen.

Bildzeitung: 20.9.2001

Giftdünger trieb in Peenedörfer
22 Menschen erkrankt, Blätter gelb, Ernte und Gärten verseucht.

In Ostvorpommern geht die Angst um. Der Wind wehte einen giftigen Nebel in mehrere Wohngebiete. Wie konnte das passieren?

Die Agrargenossenschaft „Peenland Hohendorf“ hatte Anfang September auf frisch gemähten Rapsfeldern das hochgiftige Pflanzenschutzmittel „Brasan“ versprüht, offenbar bei starkem Wind.

Das Herbizid wehte ins nahe Dorf Klein Jasedow und Pulow. Mit schlimmen Folgen. Johannes Heimrath (48), Pulows Bürgermeister: „Zwei Kinder und 20 Erwachsene erlitten Durchfall, Atembeschwerden, Ausschläge und Fieber. Auch die Gärten sind betroffen. Heimrath: „Das Pflanzenschutzamt verbot für sechs Wochen die Ernte von Obst und Gemüse, warnt vor dem Verzehr.

Die Betriebe im Dunstkreis der gedüngten Felder bangen ebenfalls um ihre Erträge. So musste die Mosterei Pulow alle angelieferten Äpfel vernichten. Ebenso gebeutelt ist der Öko-Hof „Kräutergarten“. „Unsere komplette Ernte auf 2800 qm wurde verseucht.“, sagt Christiane Wilkening (52) vom Vorstand. „Da auf unseren Flächen keine Pflanzenschutzmittel sein dürfen, müssen wir wieder von vorn anfangen.“

Das Landwirtschaftsministerium wurde bereits eingeschaltet. „Unsere Spezialisten sind heute noch einmal vor Ort prüfen, wie es zu dem Vorfall kommen konnte“, sagt Sprecherin Marion Zinke. Denn: Allein der materielle Schaden beläuft sich auf weit über 100000 Mark. Eine Summe, für die der Agrarbetrieb aufkommen muss. Zu einer Stellungnahme war er übrigens nicht bereit. Der Chef ließ ausrichten, dass er keine Zeit habe.

von Roland Schneider

Nordkurier: 20.9.2001

Lizenzentzug geplant
Klein Jasedower Herbizid-Unfall hat Konsequenzen

Klein Jasedow (EB/as). Harte Folgen könnte der Unfall mit dem chemischen Pflanzengift Brasan in Klein Jasedow haben. Die Greifswalder Pflanzenschutzbehörde erwägt einen Lizenzentzug für das Produkt. Außerdem sind ein Bußgeldverfahren und sogar strafrechtliche Konsequenzen gegen die Anwenderin der Peeneland Agrar GmbH möglich. Mittlerweile hat sich in dem Dorf eine Bürgerintiative gegründet, die sich um die Folgen des Unfalls sorgt.

Nordkurier: 20.9.2001

Erkrankungen nach fahrlässigem Herbizid-Einsatz
Umweltbehörden ermitteln im Landkreis Ostvorpommern – Bürgerinitiative zur Aufklärung gebildet

Anklam. Die Einwohner von Klein Jasedow (Kreis Ostvorpommern) müssen nach fahrlässigem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln durch einen Landwirtschaftsbetrieb auf ihr Obst und Gemüse verzichten. Das habe das Pflanzenschutzamt festgelegt, sagte Markus Süßmann von der Gemeindevertretung gestern. Auch wurden zahlreiche Erkrankungen gemeldet, nachdem ein örtlicher Landwirtschaftsbetrieb offenbar nicht ordnungsgemäß Herbizide auf Raps ausgebracht hatte. Der stellvertretende Geschäftsführer erklärte die Bereitschaft seiner Firma zu einer gütlichen Einigung mit allen Geschädigten.

„Kinder und Erwachsene sind an Durchfall, Atembeschwerden und Ausschlägen erkrankt“, beschrieb Süßmann. Größere Ausfälle müssten ein Bio-Betrieb für Kräuter und eine Mosterei befürchten. Die junge Genossenschaft stand kurz vor der Zertifizierung als ein an EU-Normen anerkannter Bio-Betrieb. Ein solches Anerkennungsverfahren dauert im Normalfall drei Jahre. Nun muss von Neuem begonnen werden, erklärte gestern Alfons Krieger von der „Vereinigung Ökologischer Landbau Gäa“. Die Umweltbehörden ermitteln. Neben Schadenersatzforderungen sind ein Bußgeldverfahren und strafrechtliche Konsequenzen möglich, meinte Polizeisprecher Axel Falkenberg.

Nordkurier: 20.9.2001

Angemerkt:
Sehen und Gesehen werden

„Am Arsch der Welt“ – so war vor Jahren die Spiegelreportage über ein verschlafenes Nest in Ostvorpommern übertitelt, das eine Schweizer Kommune auf Klein Jasedow aufmerksam machte und sie dazu bewog, in das Dörfchen bei Lassan umzusiedeln. Seitdem zog es viele kreative Menschen hierher, die nicht nur aufwendig und professionell gemachte Magazine zu ungewöhnlichen Themen wie der „Geomantie“ herausgeben, sondern sich auch verschiedenen Künsten widmen, gern mal barfuß herumlaufen und auf selbstgezüchtete Naturprodukte bauen. Die Gerüchte um die bunte Truppe, die sich die Einheimischen gern erzählen, gingen in der Vergangenheit über den Verdacht der fleischlosen Ernährung durchaus hinaus.

Der Kontrast zur benachbarten Peeneland Agrar GmbH könnte nicht stärker sein – eine Firma, die mit „ökologischem Schnickschnack“ wohl nicht viel am Hut hat – geschweige denn Verständnis für intellektuelle Feng-Shui-Anhänger aufbringen würde. Das Misstrauen beruht auf Gegenseitigkeit. Die Emotionen in Klein Jasedow kochen leicht hoch, kommt man auf den „rüden Nachbarn“ zu sprechen. Nur als eine von vielen Rücksichtslosigkeiten gilt der jetzige Herbizid-Unfall.

„Wir wollen von ihnen gesehen werden, denn wir leben hier“, brachte es ein Dorfbewohner jetzt auf den Punkt. Dafür gibt es nun erstmals eine Chance. Die Firma will sich mit der neuen Bürgerinitiative an einen Tisch setzen, um das Verhältnis miteinander zu klären. Wenn das gelingt, dann haben die vielen Beulen, die sich beide Parteien in der Vergangenheit geholt haben, wenigstens einen Sinn gehabt.

von Andreas Segeth

Nordkurier: 20.9.2001

Herbizid-Fall schlägt Wellen
Bürgerinitiative gegründet

Klein Jasedow (EB/as) Der Hersteller des Pflanzenschutzmittels, das in Klein Jasedow für Schäden gesorgt hat, muss mit einem Lizenzentzug für das Produkt rechnen. Der Peenlandagrar GmbH drohen Schadensersatzforderungen, ein Bußgeld oder gar ein strafrechtliches Verfahren. Mittlerweile hat sich eine Bürgerinitiative gegründet.

Anklamer Zeitung, 20.9.2001

Harte Konsequenzen möglich
Klein Jasedow: Herbizid-Hersteller müssen mit Sanktionen rechnen

Klein Jasedow. Im stillen und beschaulichen Klein Jasedow war es gestern ziemlich laut. Radio- und Fernsehreporter stürzten sich auf das vergiftete Dorf, wie es in einer Radiosendung sogar hieß, forschten nach sensationellen Neuigkeiten. „Sogar der Spiegel hat schon angefragt“ meinte Bürgermeister Matthias Andiel.

Behörden und eine eigens gegründete Bürgerinitiative forschen jetzt nach den Ursachen für die Verfärbungen an den Pflanzen im Ort und den Gründen für die Gesundheitsbeschwerden der Klein Jasedower. Fest steht bislang nur soviel: am 31. August und am 1. September versprühte ein Mitarbeiter der Peeneland Agrar GmbH das Pflanzengift „Brasan“ auf insgesamt 248 Hektar Rapsfeldern. Die Flächen liegen rings um den Ort Klein Jasedow.

Seit einigen Jahren ist das Dorf dafür bekannt, dass hier ökologische Pflanzenzucht betrieben wird – privat oder auch wie seit kurzem in Form der Genossenschaft „Kräutergarten Pommerland“. Ab dem 3. September litten einige Kinder unter Fieber, Übelkeit und Brechreiz. Eine Woche nach der Herbizidbehandlung traten erste Verfärbungen an Pflanzen auf – sie wurden weiß.

Unsachgemäß verwendet

Diesen Effekt kann Peter Hefner von der Syngenta Agro GmbH erklären. Seine Firma stellt das Pflanzenschutzmittel Brasan her. Die Chemikalie wirkt auf den grünen Pflanzenfarbstoff Chlorophyll, der Pflanze wird Energie entzogen und sie stirbt. Raps verhält sich resistent gegen das Herbizid, das zu bekämpfende Unkraut hingegen nicht, so Hefner. Die Schäden im ganzen Dorf lassen eher auf eine nicht sachgemäße Anwendung von Brasan schließen, meint er.

Darauf deutet einiges hin: Gemeindevertreter Markus Süßmann hat beobachtet, dass das Herbizid in einer Höhe von mehr als 1,50 m über dem Feld versprüht wurde – vorgeschrieben sind 50 cm. Norbert Krüger, Pflanzenschutzbeauftragter der Peeneland Agrar GmbH sprach beim Ortstermin von Windgeschwindigkeiten bis zu 6 Metern pro Sekunde – zulässig sind nur 5, klärte Peter Jürgen Stiemer, Leiter des Greifswalder Pflanzenschutzamtes, auf.

Dennoch will Peter Hefner ausschließen, dass die Erkrankungen durch Brasan hervorgerufen sein könnten. „Rückstände in Pflanzen hängen von vielen Faktoren ab, die im vorliegenden Fall nicht gänzlich bekannt sind.“ Den amtlichen Rat, die Gartenfrüchte nicht zu verzehren, hält Hefner aber dennoch für „nachvollziehbar“. Denn „hier gilt das Vorsorgeprinzip“.

Angst vor Hysterie

Stiemer sieht das anders. Sein Amt will sich dafür einsetzen, dass die Zulassung für Brasan entzogen wird, kündigte er an. Das würde einem Produktionsverbot gleichkommen. Auch für die Peeneland Agrar GmbH zeichnen sich düstere Konsequenzen ab. Neben etlichen Schadensersatzforderungen sind sowohl ein Bußgeldverfahren durch Stiemers Amt als auch strafrechtliche Konsequenzen möglich, meint Polizeisprecher Axel Falkenberg.

Detlef Nowack, Inhaber der Lassaner Mosterei Nowack, sieht ein ganz anderes Problem. Um die Saftproduktion müsse er sich nicht sorgen, habe ihm das Gesundheitsamt bestätigt. Angst mache ihm nur eine mögliche Hysterie, dass nun alle Produkte der Umgebung vergiftet seien, meinte er. Denn das Problem betreffe doch nur die ökologischen Produkte, nicht die „normalen“. Und überhaupt: „Wenn das Zeug wirklich so giftig ist, dann müsste der Mann auf dem Traktor doch längst umgefallen sein. Und das ist er nicht“.

von Andreas Segeth

Nordkurier, 21.9.2001

Klein Jasedow: Behörden ziehen Konsequenzen
Landwirtschaftsministerium überlegt grundsätzliche Änderungen im Umgang mit chemischen Pflanzenschutzmitteln

Klein Jasedow. Die Vergiftung von Grünflächen mit einem Herbizid und die gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Klein Jasedow (wir berichteten) haben nicht nur dramatische Folgen für jene, die in dem Dorf auf ihre Ernte gebaut haben, sondern werden anscheinend im Land weitreichende Konsequenzen für die Bauern haben. Das ist das Resultat eines nicht öffentlichen Ortstermins, der gestern in Klein Jasedow stattfand, berichtet der Gemeindevertreter Markus Süßmann. Zu Gast waren dabei Ulrich Tielinske und Gerhard Dräger vom Landwirtschaftsministerium des Landes, der BUND-Kreisvorsitzende Rainer Adam sowie drei Vertreter des Landespflanzenschutzamtes.

Die Vertreter der Behörden haben die Sachlage sehr ernst genommen, so Süßmann. Entsprechend fallen die nun folgenden Maßnahmen aus. Gegen die Peeneland Agrar GmbH wird ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Zusätzlich zu den bereits bekannten Schäden durch die wahrscheinlich nicht fachgerechte Anwendung von Brasan stellten die Fachleute vor Ort fest, dass die Firma vorgeschriebene Abstände an den Feldrändern, sogar zu Gewässern hin, nicht eingehalten hat.

Die zuständige Bundesprüfstelle werde vom Pflanzenschutzamt in Kenntnis gesetzt. Wie berichtet, will sich das Amt dafür einsetzen, dass Brasan von der Liste der zugelassenen Herbizide verschwindet. Die Bauern des Landes werden seitens der Behörden aufgerufen, Schäden durch Verwendung des Herbizids Brasan zu prüfen.

Schutzstreifen angedacht

Die Gesundheitsschäden und vernichteten Ernten und Gärten in Klein Jasedow könnten aber noch mehr in Gang setzen. Tielinske und Dräger überlegen grundsätzliche Änderungen, sagt Süßmann. So sollen künftig zwischen industriell bewirtschafteten Ackerflächen und Ortschaften möglichst Grünlandflächen geschaffen werden. Zudem sollen die Betriebe die anliegenden Gemeinden über bevorstehende Behandlung mit Chemikalien informieren.

Obwohl inzwischen weitere Fälle von Vergiftungen mit Brasan bekannt geworden sind, wie Süßmann bestätigte – unter anderem aus der Schweriner Gegend – ist eine Hauptperson bislang nicht erreichbar gewesen: Bernard Kowolik, Chef der Peeneland Agrar GmbH.

von Andreas Segeth

Nordkurier: 21.9.2001

Skandal um Herbizide ausgeweitet
Ganzer Kreis betroffen

Ostvorpommern (EB/ure/as). Der Klein Jasedower Herbizid Skandal (wir berichteten) weitet sich mit rasanter Geschwindigkeit in der Region aus: Betroffen seien mittlerweile Betriebe und Gärten in ganz Vorpommern, bestätigte gestern der Leiter des Landespflanzenschutzamtes, Peter-Jürgen Stiemer. Der Amtschef nannte unter anderem den Lieper Winkel auf Usedom, Karlsburg, Steinfurth, Grimmen und Rügen. Dort seien die Pflanzensymptome wie in Klein Jasedow festgestellt worden. Wie der Herbizid-Einsatz in Klein Jasedow so weite Kreise ziehen könne, stehe noch nicht ganz fest. Heute morgen wolle man die weitere Strategie besprechen.

Nordkurier, 21.9.2001

Minister kündigt stärkere Kontrolle durch Pflanzenschutzamt an
Backhaus: Agrarbetrieb hat bei Ausbringung geschlampt

Klein Jasedow. Die Peeneland-Agrar GmbH in Hohendorf hat die Regeln der fachlichen Praxis bei der Ausbringung des Pflanzenschutzmittels grob missachtet. So das Resümee einer Expertengruppe des Landwirtschaftsministeriums, die gestern in Klein Jasedow (Ostvorpommern) die durch Pflanzenschutzmittel verursachten Schäden in Kleingärten und Kräuterkulturen untersucht hat. Minister Till Backhaus (SPD) kündigte stärkere Kontrollen durch das Landespflanzenschutzamt an.

Unterdessen wurde bekannt, dass mittlerweile Betriebe und Gärten in ganz Vorpommern betroffen sind, bestätigte Peter-Jürgen Stiemer, Leiter des Greifswalder Pflanzenschutzamtes. Er nannte unter anderem den Lieper Winkel auf Usedom, Karlsburg, Steinfurth, Grimmen und Rügen. Dort seien bei Pflanzen Symptome wie in Klein Jasedow festgestellt worden.

Ostseezeitung: 21.9.2001

Klein Jasedow: Minister Backhaus ordnet stärkere Kontrollen an

Klein Jasedow (OZ) Landwirtschaftsminister Till Backhaus hat im Ergebnis von gestern durchgeführten Vor-Ort-Recherchen seines Ministeriums festgestellt, dass die Peeneland-Agrar GmbH Hohendorf bei der Ausbringung des Pflanzenschutzmittels die „gute fachliche Praxis grob missachtet und damit dem Image der Landwirtschaft erheblichen Schaden zugefügt hat“. Nun werde geprüft, ob gegen den Verursacher ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet wird. Ferner wurden bereits verstärkte Kontrollen durch das Pflanzenschutzamt verordnet.

Die in Frankfurt/M. ansässige Firma Syngenta Agro GmbH ist Hersteller des Mittels Brasan, mit dem die Hohendorfer GmbH gearbeitet hat. Peter Hefner, Sprecher der Chemiefirma, informierte darüber, dass der Vorfall vor Ort durch Mitarbeiter seines Unternehmens im Rahmen eines freiwilligen Beobachtungsprogramms aufgenommen worden ist. Syngenta werte die Ergebnisse aus, um mögliche Fehlerquellen bei der Anwendung von Brasan besser eingrenzen zu können. Zugleich wird betont, dass die der Firma vorliegenden Fakten auf eine nicht sachgemäße Anwendung des Mittels hindeuteten, die zur Abdrift auf die benachbarten Kulturen geführt haben könnten. Allerdings stellt das Unternehmen fest, dass sich auf Grund der an den Pflanzen aufgetretenen Symptome nicht auf eine Umwelt- oder Gesundheitsgefährdung schließen lasse. Die im Produkt vorhandenen Wirkstoffe wirkten spezifisch auf Chlorophyll und führten deshalb zu den festgestellten Symptomen. Die wiederum ließen keine Rückschlüsse auf die Toxikologie von Brasan zu.

Auch zu den von Einwohnern geschilderten gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie Augen- und Hautreizungen nimmt das Frankfurter Unternehmen Stellung: „Die vorliegenden Daten zur Toxikologie des Produktes lassen diese Symptome nicht ursächlich im Zusammenhang mit einer Brasan-Anwendung erscheinen. Außerdem sind die enthaltenen Wirkstoffe im Abdriftnebel, mit dem die Anwohner offensichtlich in Berührung kamen, sehr stark verdünnt. Syngenta bietet allen Stellen, die in die Untersuchung des Falles eingeschaltet wurden, die fachliche Unterstützung an und steht in Kontakt mit dem Gesundheitsamt vor Ort.“

Allerdings kann Hefner die vom Pflanzenschutzamt ausgesprochene Empfehlung, betroffene Kulturen vorsorglich nicht zu verzehren, nachvollziehen.

von Dietrich Butenschön

Ostseezeitung: 22./23.9.2001

Biobauer sperrt Produkte für Verkauf
Pflanzenschutzamt begutachtete nach Verfärbungen Felder in Steinfurth

Auf den Feldern des Biobauern Götz traten in dieser Woche Verfärbungen an den Pflanzen auf. Die Betroffenen vermuten als Ursache das Ausbringen von Pflanzenschutzgiften durch andere Landwirte.

Steinfurth (OZ) Statt Obst und Gemüse präsentierte gestern Solveig Götz vom Kapellschen Hof in Steinfurth auf dem Greifswalder Ökomarkt lediglich Papier. Sie verteilte an ihre Stammkunden und natürlich auch jeden anderen Interessenten Kundeninformationen, warum sie ohne jegliches Bio-Angebot angereist war. In dieser Kundeninformation war zu lesen, dass das landwirtschaftlich-ökologische Unternehmen seit einigen Tagen auf seinen Feldern und Wiesen eine ungewöhnliche Verfärbung einiger Pflanzen beobachtet. „Vor allem die Vogelmiere, Taubnessel und Klette werden gelb bis weiß. Nachdem uns bekannt wurde, dass in Klein Jasedow die gleichen Veränderungen durch das nachweislich unsachgemäße Ausbringen des Pflanzengiftes Brasan aufgetreten sind, haben wir sofort das Pflanzenschutzamt in Greifswald eingeschaltet und um eine Begehung unserer Felder nachgesucht“, heißt es in dem Schreiben. Die eingehende Begutachtung der Kulturen des Biohofes fand am Donnerstag statt. Zugegen waren dabei neben dem Pflanzenschutzamt Greifswald auch das Lebensmittelüberwachungsamt Anklam, das Ordnungsamt Züssow und der Geschäftsführer der Agrar GmbH Karlsburg, Manfred Voß.

Bei dieser Begehung wurde festgestellt, dass in der Nähe der Felder des Kapellschen Hofes durch die Agrar GmbH Karlsburg Raps angebaut wurde und diese Felder am 25. August mit Pflanzenschutzgiften besprüht wurden, darunter Brasan. Brasan enthält den Wirkstoff Chlomazone, der die Chlorophyllsynthese im Pflanzenblatt verhindert. Der Wirkstoff ist leicht flüchtig und kann bei unsachgemäßer Anwendung oder hohen Außentemperaturen vom besprühten Feld verdunsten und abdriften.

Nach Beratung mit dem Pflanzenschutzamt und auf deren Anraten hat die Familie Götz als Inhaber des Biohofes sofort alle Produkte für den Verkauf gesperrt. Der Kontrollverband für den Ökologischen Landbau wurde informiert. Außerdem wurden gestern in Rostock die chemischen Analysen der erkrankten Pflanzen durchgeführt. Danach wollen Willy und Solveig Götz entscheiden, wie es mit ihrem Hof weitergeht.

Während in Klein Jasedow eindeutig unsachgemäßer Umgang mit der Chemikalie die Ursache für die aufgetretenen Schäden auf Feldern und in Kleingärten ist, lässt sich die Sachlage in Steinfurth nicht so eindeutig bestimmen. Fakt ist, das betont der Geschäftsführer der Karlsburger Agrar GmbH, Manfred Voß, und das bestätigte auch Solveig Götz gestern auf dem Ökomarkt, dass kein unsachgemäßer Umgang mit den Pflanzenschutzgiften vorliegt. „Wir verfügen über eine gute fachliche Praxis und haben sämtliche Bestimmungen des Herstellers akkurat eingehalten. Wir haben nicht bei Temperaturen über 25 Grad gespritzt, die richtige Dosierung und auch die richtigen Geräte verwendet“, so Voß. Für ihn sei es unerklärlich, wie die Pflanzenerkrankungen zustande kommen, zumal auch äußerlich deutlich sichtbar ist, dass es sich nicht um größere Flächen oder zusammenhängende Kulturen handelt, die betroffen sind. „Mal sind es an einer Stelle einige Pflanzen, dann wieder etwas entfernt, ja sogar kilometerweit weg liegende Felder weisen an einigen, niemals an allen Pflanzen diese Verfärbungen auf“, so der Geschäftsführer. Er ist an der schnellen Aufklärung des Sachverhaltes interessiert, hat deshalb gestern Mittag Vertreter des Herstellers und der Industrie nach Karlsburg und Steinfurth bemüht. Der Vertriebsleiter von BASF kann ebenfall keine offensichtlichen Gründe für das Geschehen nennen, wird deshalb entsprechende Proben in den Fachabteilungen des Unternehmens untersuchen lassen. So bleiben zunächst beim Betreiber des Kapellschen Hofes ebenso wie beim Geschäftsführer der Agrar GmbH mehr Fragen als Antworten. Es ist nicht erwiesen, dass das zugelassene und langjährig erprobte Pflanzenschutzmittel wirklich schädlich ist, welche Schäden genau hervorgerufen werden, ob sämtlich angebautes Obst und Gemüse nun ungenießbar sind. Beide Seiten wollen so schnell wie möglich zur Normalität in der täglichen Arbeit und im Umgang miteinander zurück. „Wir sind bisher vernünftig miteinander ausgekommen. Das wird auch in Zukunft so sein. Jetzt warten wir die chemischen Analysen ab und handeln dann“, so Geschäftsführer Manfred Voß.

von Cornelia Meerkatz

Demminer Zeitung 22.9.2001

Pflanzenexperte rät von Obst-Verzehr ab
Hohenbüssower beobachten Verfärbung der Blätter – Vor-Ort-Termin zur Aufklärung von Herbizid-Einsatz

Hohenbüssow. Gibt es in Hohenbüssow nun auch einen Herbizidskandal? Das wollten gestern Bürger und Landwirt, Landes-Pflanzenschutzamt, Bürgermeister und Amt Tutow vor Ort klären. Denn: In dem kleinen Dorf der Gemeinde Alt Teltin haben Einwohner bei Pflanzen die gleichen Symptome wie in Klein Jasedow festgestellt. In dem Ort im Landkreis Ostvorpommern hatte ein Landwirtschaftsbetrieb das Pflanzenmittel „Brasan“ auf Rapsfelder gesprüht. Eine Woche nach der Herbizid-Behandlung waren erste Verfärbungen an Pflanzen aufgetreten, Kinder hatten unter Übelkeit, Brechreiz und Fieber gelitten (Nordkurier berichtete).

Bürger verunsichert

„Wir können jetzt nicht mehr unbehelligt unser Obst essen“, sagte Olaf Spillner. Die Leute in Hohenbüssow sind verunsichert, haben Angst. Einige würden unter Kopfschmerzen, Übelkeit, Mundschleimhautentzündungen und Durchfall klagen. Bis Bekanntwerden des Falls in Klein Jasedow seien sie völlig ratlos gewesen, woher diese Symptome herrühren könnten. Sie beobachteten aber, dass die Blätter von Brombeersträuchern, Holunder, Zitronenmelisse sowie von Silberpappeln, Apfel- und Pflaumenbäumen in den Gärten und am Feldrand sich zusehends verfärben. „Chlorophyll geht raus“, erklärt Spillner und zeigte auf die hellgrünen Ansätze bei Brombeerblättern an der Friedhofsmauer. Genauso habe die Chemikalie in Klein Jasedow auf den grünen Pflanzenwirkstoff gewirkt.

Die Hohenbüssower vermuten nun einen Zusammenhang mit der Austragung von Herbiziden auf einem 70 Hektar großen Rapsfeld in ihrer Nähe. Denn nachdem der Agrarbetrieb „Tollensetal“ Broock dort vor rund vier Wochen Pflanzenmittel gesprüht hat, seien die Symptome im Dorf erst aufgetreten. Als „Kleingärtner“ sei ihnen per Anschlag am schwarzen Brett noch der Einsatz von Unkrautbekämpfungsmitteln im Garten untersagt worden. „Und jetzt bekommen wir die Dunstwolke von außen“ meinte Spillner.

„Tollensetal“-Geschäftsführer Henning Schoof indes sieht bei sich keine Schuld. Sein Betrieb habe die Chemikalie nach den geltenden Bestimmungen aufs Feld gebracht. Wie er klarstellte, hat sein Betrieb nicht „Brasan“ gespritzt, sondern das Pflanzenmittel „Nimbus“. Beide Herbizide hätten den gleichen Wirkstoff Clomazon. In „Nimbus“ sei jedoch ein geschütztes Clomazon enthalten. Das heißt, die Thermikwirkung sei nicht so stark wie bei „Brasan“.

Vor drei Jahren habe er das Mittel schon einmal in Hohenbüssow eingesetzt. Und da seien keine Schädigungen aufgetreten. Wenn jetzt Probleme festgestellt würden, dann sei dies in erster Linie eine Frage an den Hersteller. Peter Jürgen Stiemer, Leiter des Greifswalder Pflanzenschutzamtes, warnte indes davor, dass sich die Fronten zwischen Landwirten und Bürgern verhärten. Beide müssten einen Konsens finden. Stiemer bestätigte, dass bei ihm aus Hohenbüssow eine Anzeige wegen Abdrift von Herbiziden am19. September eingegangen ist. Insgesamt lägen dem Amt bisher sieben Anzeigen aus Vorpommern vor. Die Probleme nach Ausbringen der Herbizide sieht Stiemer als Phänomen an. Seiner Meinung nach habe die Dampfphase früher eingesetzt als das Pflanzenschutzgesetz vorsieht. Bis 25 Grad Celsius dürften Herbizide ausgebracht werden.

Thermik beeinflusst

Wie Stiemer den Hohenbüssowern erklärte, seien wahrscheinlich die chemischen Mittel, die frühmorgens oder abends gespritzt wurden, auf der Bodenoberfläche liegengeblieben. Die Sonne habe vermutlich die Thermik beeinflusst. Der Landwirt habe darauf keinen Einfluss. Die Hersteller seien hier in der Verantwortung. Stiemer ließ sich von den Hohenbüssowern die „kranken“ Pflanzen zeigen. Sein Fazit: Er rät davon ab, das Obst zu essen. „Ich kann die Verantwortung nicht übernehmen“. Landwirt und Bürger einigten sich indes darauf, dass künftig der Agrarbetrieb am schwarzen Brett bekanntgibt, wann auf den Feldern Chemie ausgetragen wird. Riemer schlug vor, bevor teure Lebensmitteluntersuchungen in Auftrag gegeben werden, sollen die Bürger erst einmal die Schäden im Dorf zusammentragen und ihm die Liste bis Montag faxen. Der Landwirt bekomme eine Schadensanzeige. Erst dann könne er sich an den Hersteller werden.

von Redaktionsmitglied Kirsten Gehrke

Ostseezeitung: 22.9.2001

Bio-Bauer Götz fürchtet um Existenz

OVP/Pulow. Befürchtungen, seine Existenz zu verlieren hat nun auch Bio-Bauer Willy Götz aus Steinfurth. Dies berichtete er gestern auf einem Treffen von Vertretern der „Syngenta Agro GmbH“ mit Landwirten, deren Ländereien durch Pflanzenschutzmittel der GmbH Schaden erlitten haben sollen. „Mir wurde dringend empfohlen“, sagte Götz, „den Verkauf meiner Waren einzustellen. Seit gestern habe ich mich danach gerichtet.“ Sollte sich eine Kontaminierung seiner Ackerflächen durch noch zu entnehmende Bodenproben bestätigen, sieht er „schwarz“. Mindestens drei Jahre müßte er warten, ehe er wieder Bio-Produkte auf den Markt bringen könne. So sieht es jedenfalls die EU-Norm vor. Durch die Einstellung des Verkaufs seiner Erzeugnisse habe er täglich einen Verlust von 1000 Mark und fürchte nun, mindestens fünf Arbeitskräfte entlassen zu müssen.

Auf den Landflächen des Bauern hatten sich in den letzten Wochen und Tagen ähnliche Verfärbungen an Pflanzen und Gräsern gezeigt wie in Pulow, Papendorf und Klein Jasedow. Ob die Ursachen dafür im unsachgemäßen Umgang mit den Herbiziden oder durch sie selbst gegeben sind, steht noch in den Sternen. Die Vertreter der Herstellerfirma versprachen Klärung durch Sammeln von Fakten und Untersuchungen, lehnten aber eine vorschnelle Schuldanerkennung ab. Das Unkrautbekämpfungsmittel wurde schließlich vor seiner Zulassung amtlich geprüft. Die betroffenen Landwirte hingegen äußerten daran Zweifel. Die Kontakte zwischen den Kontrahenten werden fortgesetzt.

Peeneblitz: 23.9.2001

Giftskandal!
Gärten und Ernten in der Region vernichtet

Pulow/pb/wp. Seit Wochenbeginn steht fest: Ein Umweltskandal, dessen erste Auswirkungen in Klein Jasedow – zur Gemeinde Pulow im Lassaner Winkel, Landkreis Ostvorpommern gehörig – spürbar waren, nimmt jetzt unerwartet große Ausmaße an.

Die fünf Frauen der erst im Sommer des Jahres aus dem hiesigen „Mirabell“ e.V. ausgegründeten „Kräutergarten Pommerland“ e.G. hatten sich drei Jahre lang auf einen der ersten Höhepunkte ihres hoffnungsfrohen Schaffen vorbereitet: Am 18.9. sollte auf einer 2500 qm großen Fläche Melisse im Wert von 10000 Mark geerntet und in der regionalen Mosterei zu Melissensirup, abgefüllt auf 30000 Flaschen, verarbeitet werden.

Christiane Wilkening, Vorstandsmitglied der Kräutergarten Genossenschaft, war ob des Anblicks erschüttert. „Wir sahen nur weiße Blätter“, teilt sie mit.

Weiß statt Grün? Wie das?

Die Peeneland Agrar GmbH hatte unmittelbar neben der Melisse ein frisch gesätes Rapsfeld mit dem Totalherbizid Brasan gespritzt, das die Chlorophyllbildung verhindert und somit die Pflanzen dahinsiechen läßt. Enorm wichtige, komplizierte Behandlungsvorschriften sind dabei nicht eingehalten worden. So kann Thermik das Gift vernebelt haben. Und da es bis zwei Tage zu spät ausgebracht worden ist, hat auch die zart keimende Rapskultur ihr Leben lassen müssen.

Doch es blieb nicht bei diesen insgesamt 600 ha. Einen Tag später sind ein Drittel der Gemeindeflächen und Gärten bis in die Randgebiete von Lassan betroffen. Aktuellen Meldungen zufolge sind inzwischen auch bei Schwerin derartig vergiftete Flächen gesichtet worden.

„Vermutlich ist ganz Norddeutschland vergiftet“, erklärt Johannes Heimrath, stellvertretender Bürgermeister und Aufsichtsratsmitglied der Genossenschaft. Er habe wegen seiner kürzlich gemachten Reise nach Lübeck solche Flächen mit totgespritzten Pflanzen alle vier bis fünf Kilometer entdeckt. Wenn auch die Peeneland Agrar GmbH für den Schaden einstehen wolle, sei dieser unermesslich groß, weil die Erteilung der EU-Zertifizierung für biologischen Anbau drei Jahre Wartzeit bedeute, so Johannes Heimrath. Weitere Informationen unter 038374/ 57680 oder 0173/9411250.

Medien–Info der Landesgeschäftsstelle Grüne/Mecklenburg-Vorpommern: 25.09.01

Herbizid-„Unfall“ muss Folgen für die Landwirtschaftspolitik haben

Zur Erklärung des Landwirtschaftsministers über das verwendete Pflanzen“schutz“mittel Brasan erklärt Ulrike Seemann-Katz, politische Geschäftsführerin:

„Durch diesen so genannten Unfall sind bereits Gesundheitsschäden und Sachschäden eingetreten. Wenn auch die Gesundheitsschäden vermutlich keine bleibenden Schäden sein werden, so ist den Betroffenen gegenüber zumindest ein Wort angebracht. Es muss alles dafür getan werden, dass sich ein solcher Vorgang nicht wiederholen kann.

Was die eingetretenen Sachschäden in zweistelliger Millionenhöhe durch Betriebssperrungen und möglichen Verlust der Anerkennung als Bio-Anbaubetrieb angeht, auch hierzu äußert sich Minister Backhaus nicht.

Statt dessen erklärt er lapidar, das verwendete Pflanzen“schutz“mittel sei kein Gift, weil es ja zugelassen sei. Im Gegenteil hält er die Verwendung von “ Pflanzenschutzmitteln im Interesse der Produktion von qualitativ hochwertigen Produkten nach wie vor für notwendig“ (Presseerklärung 210 vom 20.9.).

Im Rahmen der Zulassung jedoch ist nachgewiesen worden, dass das Totalherbizid Brasan fischtoxisch ist, Augen- und Schleimhäute reizt, lungenschädigend ist. Die Schadwirkung ist beabsichtigt. Schließlich soll das Mittel durch Stoffwechselstörungen in der Pflanze Beikräuter vernichten.

Dem Schutz der Gesundheit gebührt nach bündnisgrüner Auffassung jedoch Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen. Mit seinem bloßen Appell an die Landwirte, die gesetzlichen Grundlagen einzuhalten und die Regeln der guten fachlichen Praxis zu befolgen, hat Backhaus einmal mehr bewiesen, dass er in seiner Politik konsequent Vorsorgeaspekte in den Hintergrund stellt.

Der Einsatz dieses Mittels müsste zumindest solange ausgesetzt werden, bis alle Ursachen und möglichen Folgen aufgeklärt sind. Grundsätzlich aber ist dieser Vorfall, der mittlerweile auch andere Bundesländer betrifft, nach Dioxin im Geflügel, Hormonen im Kalbfleisch, BSE, Explosionsunfälle in Düngemittelfabriken usw. ein weiteres Indiz für die Notwendigkeit einer Agrarwende“.

Ostseezeitung: 24.9.2001

Herbizid-Skandal: Bio-Bauer Götz erstattet Anzeige

Klein Jasedow/ Steinfurth. Die Schäden an pflanzlichen Kulturen im Bereich Steinfurth und Klein Jasedow, die mit der Ausbringung des Pflanzenschutzmittels Brasan mit dem Wirkstoff Clomazone durch die Agrar GmbH Karlsburg bzw. die Peenland GmbH Hohendorf zusammenhängen sollen, sind offenbar immens. Bio-Bauer Willy Götz vom Kapellschen Hof in Steinfurth erstattete jetzt Anzeige gegen Unbekannt. Auf seinen Nutzflächen wurden, nach dem Spritzen von Brasan durch die Karlsburger GmbH, Veränderungen festgestellt, die seiner Meinung nach auf eine Kontaminiation mit dem o.g. Wirkstoff zurückgehen. Götz stoppte den Verkauf seiner Produkte und spricht von der „Zerstörung der Erwerbsgrundlage unseres Betriebes“. In der Gemeinde Pulow berichten inzwischen 18 Personen über Krankheitssymptome.

Ostseezeitung: 24.9.2001

Ostseestrand und Binnenland
Strafanzeigen nach Herbizidskandal

Anklam (dpa). Nach dem Herbizid-Skandal im Landkreis Ostvorpommern sind bei der Polizei Strafanzeigen wegen fahrlässiger Körperverletzung eingegangen. Nach einer Einwohnerversammlung in Pulow wurde eine Anzeige erstattet mit den Namen von 18 Menschen, die nach eigenen Angaben durch das Herbizid geschädigt wurden. Gestern sei noch die schriftliche Anzeige einer Familie aus Steinfurth bei Pulow eingegangen.

Ostseezeitung: 24.9.2001

Brasan-Einsatz: 18 Pulower fühlten sich krank

Steinfurth/Klein Jasedow (OZ) Der Skandal im Zusammenhang mit dem Einsatz des Pflanzengiftes Brasan im Bereich Steinfurth und Klein Jasedow nimmt immer größere Dimensionen an. Der Steinfurther Biobauer Willy Götz teilte mit, dass Vertreter des Amtes für Pflanzenschutz vergangene Woche auf seinen Nutzflächen Anzeichen für eine Kontamination mit dem Wirkstoff Clomazone gefunden hätten. Im Umfeld seiner Flächen hatte die Agrar GmbH Karlsburg Brasan gespritzt.

Götz forderte die verantwortlichen Behörden per Brief u. a. zur sofortigen Beweissicherung auf und regte Tests an Boden, Pflanzen, Tieren und Menschen an. Für ihn steht fest, dass das zugelassene und langjährig erprobte Pflanzengift unsachgemäß ausgebracht oder vom Produkt her für diesen Einsatz nicht geeignet war. Der Schaden, der ihm entstehe, betrage 500 000 Mark. Indes gibt es für Götz‘ Behauptung keine Beweise. Die Ergebnisse der Analyse entsprechender Proben liegen bisher nicht vor. Manfred Voß, Geschäftsführer der Karlsburger GmbH, versicherte, „sämtliche Bestimmungen des Herstellers akkurat eingehalten“ zu haben.

Anders als im Fall Steinfurth sind die nach dem Spritzen Anfang September aufgetretenen Schäden auf Feldern und in Kleingärten im Bereich Klein Jasedow bei Pulow eindeutig auf den unsachgemäßen Umgang mit Brasan zurückzuführen. Am Wochenende berieten Mitglieder der inzwischen gegründeten „Bürgerinitiative Ökologische Gemeinde Pulow“ über ihr weiteres Vorgehen. Zunächst wurde gestern von Vertreterin Christiane Wilkening mitgeteilt, dass insgesamt „18 Einwohner der Gemeinde Pulow über gesundheitliche Beschwerden im Zeitraum der Ausbringung der Herbizide berichteten“. Sie klagten insbesondere über Hautausschläge, Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfall, Gliederschmerzen und Fieber. „Zwei Kinder mussten einen Arzt aufsuchen“, informierte die Pulowerin.

Da Brasan offenbar überall in M-V zum Einsatz kommt, hält die Bürgerinitiative ähnliche Auswirkungen in anderen Gemeinden des Landes für möglich. Landwirtschaftsminister Till Backhaus wird u. a. aufgefordert, entsprechende Recherchen in die Wege zu leiten. Bürger in ländlichen Gebieten von M-V wird geraten, bei der Feststellung vergifteter Pflanzen das Pflanzenschutzamt einzuschalten. Beim Auftreten der erwähnten Krankheitssymptome sollte sofort das Gesundheitsamt aufgesucht werden.

von T. S.

Nordkurier: 24.9.2001

Ostvorpommern
Anzeige erstatttet

Pulow (EB/as). Nach dem Herbizid-Skandal im Landkreis Ostvorpommern sind bei der Polizei Strafanzeigen wegen fahrläßiger Körperverletzung eingegangen. Nach einer Einwohnerversammlung in Pulow wurde nach Angaben der Polizeidirektion Anklam eine Anzeige erstattet mit den Namen von 18 Menschen, die nach eigenen Angaben durch das Herbizid geschädigt wurden. Der Pulower Bürgermeister Matthias Andiel nahm nach der Veranstaltung sofort Kontakt mit Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Martina Bunge (PDS) auf. Sie kündigte an, sich gemeinsam mit Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) für eine Untersuchung der Vorfälle einzusetzen.

Nordkurier: 24.9.2001

Ministerin Bunge ergreift Initiative im Herbizid-Fall
Heute sollen erste Laborergebnisse vorliegen

Pulow. Die Pulower machen mobil. Nach der Einwohnerversammlung vom Freitagabend, in der sich 18 Bewohner mit gesundheitlichen Beschwerden meldeten (wir berichteten), nahm der Bürgermeister Matthias Andiel noch in der Nacht Kontakt mit der Landessozialministerin Martina Bunge (PDS) auf. Zwei Kinder hätten einen Arzt aufsuchen müssen, einer Person sei vom behandelnden Arzt attestiert worden, dass ihre Beschwerden auf dem Herbizideinsatz beruhen könnten, teilte die Bürgerinitiative der Ökologischen Gemeinde Pulow inzwischen mit.

Andiel habe der Ministerin gegenüber deutlich gemacht, dass das verstärkte Auftreten von Krankheitssymptomen in der Gemeinde Pulow möglicherweise mit der Verwendung des Herbizids Brasan in Ortsnähe in Zusammenhang stehe, sagte er.

Anzeige gegen unbekannt

Martina Bunge erklärte gestern gegenüber der Anklamer Zeitung, dass sie die Sorgen der Pulower Bürger ernst nehme. Sie habe am Wochenende Kontakt mit der zuständigen Amtsärztin aufgenommen. Diese habe ihr mitgeteilt, dass alle notwendigen Proben bereits entnommen seien und in den Landesgesundheitsämtern Greifswald und Rostock untersucht würden. Heute vormittag sollen bereits erste Ergebnisse verfügbar sein, kündigte sie an. Sie appelliert an alle Bürger, die Beschwerden in Zusammenhang mit dem Herbizid-Gebrauch vermuten, sich an den Arzt zu wenden. Auch kündigte sie an, sich gemeinsam mit Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) für eine Untersuchung der Vorfälle einzusetzen.

Die Greifswalder Naturkost Vorpommern GmbH meldet mittlerweile Verseuchungen mit Pestiziden in sieben Landkreisen. Aus Furcht vor weiteren Schäden fordert die Pulower Bürgerinitiative den Landwirtschaftsminister Backhaus jetzt auf, Rapsflächen im Land genau kartieren zu lassen, um mögliche Zusammenhänge zwischen Brasan und Schäden an Gesundheit und Pflanzen zu erfassen. Deshalb bitten die Pulower auch andere Bewohner ländlicher Gebiete darum, verstärkt auf Symptome zu achten und sich an die Ämter zu wenden.

Unterdessen hat neben den Pulower Bürgern auch der Öko-Landwirt Wilfried Götz aus Steinfurth Anzeige erstattet. Unter anderem geht es darin um Körperverletzung, Sachbeschädigung, Störung der öffentlichen Ordnung und die „Zerstörung der Erwerbsgrundlage unseres Betriebes“.

von Andreas Segeth

Nordkurier: 24.9.200

Jetzt wird auch Ministerin aktiv

Pulow (EB/as). Auch die Landessozialministerin Martina Bunge (PDS) ist an einer schnellen Aufklärung in Sachen Brasan interessiert. Sie nehme die Sorgen der Pulower ernst, erklärte sie gegenüber AZ.

Ostseezeitung: 25.9.2001

Herbizid-Einsatz zieht immer weitere Kreise
Fälle im Land nehmen zu – Anklamerin zum Arzt

Schwerin/Ostvorpommern/Hanau (EB/as/dpa). Die von Landessozialminsterin Martina Bunge (PDS) für gestern angekündigten Laborbefunde im Herbizid-Fall (wir berichteten) liegen noch nicht vor, verlautete gestern aus dem Schweriner Gesundheitsministerium. Der Einsatz des Unkrautbekämpfungsmittels Brasan auf Rapsfeldern zieht unterdessen weitere Kreise. Derzeit lägen in Mecklenburg-Vorpommern 25 Hinweise auf Schäden vor, teilte das Schweriner Agrarministerium mit. Die Gesundheitsministerien in den Landkreisen würden jedem Hinweis nachgehen. In Anklam habe sich eine Frau bei einem Arzt mit Kopfschmerzen gemeldet. Ein Zusammenhang mit dem Einsatz des Pflanzenschutzmittels konnte jedoch nicht festgestellt werden.

Nach Angaben des Herstellers, der Firma Syngenta in Hanau (Hessen), sind gesundheitliche Gefahren durch Brasan aufgrund der toxikologischen Daten auszuschließen. Auch der Toxikologe Ulrich Hoffmann von der Universität Greifswald hält eine akute Gesundheitsgefährdung für unwahrscheinlich.

Ostseezeitung: 25.9.2001

Immer größere Schäden durch Herbizid-Einsatz
25 Hinweise aus dem gesamten Nordosten

Schwerin/Greifswald/Hanau (dpa). Nach dem Einsatz des Unkrautbekämpfungsmittels (Herbizids) Brasan auf Rapsfeldern werden in Mecklenburg-Vorpommern immer mehr Schäden an Pflanzen in Gärtnereien , Ökobetrieben und Kleingärten gemeldet. Derzeit lägen 25 Hinweise auf Schäden in allen Landesteilen vor, gab das Schweriner Agrarministerium gestern bekannt. Nach Angaben des Herstellers, der Firma Syngenta in Hanau (Hessen), sind gesundheitliche Gefahren durch Brasan auf Grund der toxikologischen Daten auszuschließen. Auch der Toxikologe Ulrich Hoffmann von der Universtität Greifswald hält eine akute Gesundheitsgefährdung für unwahrscheinlich.

Die neu gemeldeten Schadensfälle deuten dem Agrarministerium zufolge auf fehlerhaftes Ausbringen des Herbizids hin. Gegen die Verursacher würden Ordnungswidrigkeiten eingeleitet. Dagegen vermutet der Geschäftsführer der Naturkost Vorpommern GmbH Greifswald, Markus Maaß, dass nicht allein Fehler beim Einsatz des Mittels zur Verseuchung von Flächen führten. Er sagte, wahrscheinlich verdampfe das Mitteln auf den Feldern, steige als Giftwolke auf und lege sich je nach Thermik auf ganze Landstriche.

In den betroffenen Landstrichen dürfen teilweise Obst und Gemüse, Kräuter und Wildfrüchte nicht mehr verzehrt werden. Menschen klagten nach dem Essen von Äpfeln über Durchfall, Fieber, Kopfschmerzen, Hautreizungen, Ausschlag und Müdigkeit. Bei der Polizei gingen bereits mehrere Strafanzeigen wegen fahrlässiger Körperverletzung ein.

Der Wirkstoff Clomazone verhindert der Initiative „Ökologische Gemeinde Pulow“ (Ostvorpommern) zufolge die Chlorophyllsynthese der Pflanzen. Die Blätter werden weiß und sterben ab. Nach den Worten von Syngenta Sprecher Peter Hefner ist Brasan dagegen als konzentriertes Produkt als mindergiftig eingestuft. Bei der Anwendung werde es stark verdünnt. Die Zulassung des Mittels laufe Ende des Jahres aus.

Ostseezeitung: 25.9.2001

Unkrautgift trifft Obst und Gemüse
25 Hinweise aus ganz M-V registriert

Nach dem Einsatz des Unkrautvernichtungsmittels „Brasan“ auf Rapsfeldern melden Kleingärtner, Öko-Bauern und Gartenbaubetriebe Schäden. Über die gesundheitlichen Gefahren sind sich Experten nicht einig.

Schwerin/Hanau. (OZ/dpa). In Mecklenburg-Vorpommern sind deutlich mehr Flächen durch das Pflanzenschutzmittel „Brasan“ beeinträchtigt worden als bislang bekannt. Inzwischen seien übers Land verteilt 25 Hinweise eingegangen, die auf eine fehlerhafte Ausbringung des nach der Rapsaussaat eingesetzten Herbizids hindeuten, teilte Agrarminister Till Backhaus gestern mit. Gegen alle Verursacher sollen Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden. Bislang hatte sich der bekannt gewordene Befall auf Ostvorpommern beschränkt.

Nach Angaben des Herstellers, der Firma Syngenta in Hanau, stelle die Weißfärbung der Blätter aber keine gesundheitlichen Gefahren für den Menschen dar. Auch die Pflanzen würden sich wieder erholen und neue Triebe bilden. Von einer Verseuchung des Bodens könne keine Rede sein, meinte Hans Theo Jachmann, Geschäftsführer der Syngenta Agro GmbH. Der Toxikologe Ulrich Hoffmann von der Universität Greifswald hält eine akute Gesundheitsgefährdung ebenfalls für unwahrscheinlich.

Dagegen vermutet der Geschäftsführer der Naturkost Vorpommern GmbH Greifswald, Marcus Maaß, dass nicht allein Fehler beim Einsatz des Mittels vorlägen. Wahrscheinlich verdampfe das Mittel auf den Feldern und lege sich auf ganze Landstriche. So träten Schäden noch zwei Kilometer von Rapsfeldern entfernt auf, auf denen „Brasan“ aufgebracht wurde. Maaß kritisierte das Landespflanzenschutzamt, das nicht vor dem Einsatz von „Brasan“ gewarnt habe, dessen Zulassung Ende des Jahres abläuft.

Das Landwirtschaftsministerium rät, betroffenes Obst und Gemüse, Kräuter und Wildfrüchte nicht zu verzehren. Menschen hätten über Durchfall, Fieber, Kopfschmerzen, Ausschlag und Müdigkeit geklagt. Bei der Polizei gingen Strafanzeigen wegen fahrlässiger Körperverletzung ein.

Der Wirkstoff Clomazone verhindert der Initiative „Ökologische Gemeinde Pulow“ (Ostvorpommern) zufolge die Chlorophyllsyntese der Pflanzen. Die Blätter werden weiß und sterben ab. Auf Rapsschlägen führe das Herbizid dazu, dass Unkräuter vernichtet werden.

Ostseezeitung: 25.9.2001

Im Gemüseanbau zum Nichtstun verdammt
Steinfurther Biobauer wütend auf Langatmigkeit der Ämter

Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft: Biobauer Götz und viele Steinfurther wollen nach den sichtbaren Spuren an den Pflanzen wissen, ob das Gemüse wieder unbedenklich verzehrt werden kann.

Steinfurth (OZ) „Mit meiner Anzeige gegen Unbekannt will ich die Staatsanwaltschaft zwingen, endlich mit der Beweissicherung zu beginnen“, sagt Willy Götz vom Kapellschen Hof. Der Biobauer hat am Wochenende mit dieser Anzeige auf die Schädigung seiner Kulturen durch eine Clomazone-Kontaminierung reagiert, die in einer Weißfärbung der Pflanzenblätter sichtbar wird, weil die Chlorophyllproduktion unterbunden wird (OZ berichtete). Seitdem ist er mit seiner Frau und weiteren fünf Beschäftigten, darunter ein Auszubildender, in der Gemüseproduktion und -ernte zum Nichtstun verdammt. „Dabei ist gerade im September auf den Feldern der meiste Gemüsebestand, wir könnten jede Menge in Greifswald auf dem Ökomarkt oder im -laden verkaufen“, fährt er fort. Doch auf Anraten des Pflanzenschutzamtes hat der Biobauer seit letztem Donnerstag vorsorglich sämtliche Produkte für den Verkauf gesperrt. Der Wirkstoff Clomazone wird im Pflanzenschutzmittel Brasan verwendet, das von Landwirten zur Unkrautbekämpfung beim Winterraps gespritzt wird. Dabei sind umfangreiche Vorkehrungen zu beachten, so Dosierung, Außentemperaturen, Windverhältnisse, Stärke der Sprühdüsen und der verwendete Druck. Brasan wurde am 25. August auf den angrenzenden Feldern der Agrar GmbH Karlsburg, einem Betrieb mit guter fachlicher Praxis, ausgebracht.

Wütend macht Willy Götz, dass seitdem kein zuständiges Amt reagiert hat, direkte Proben vom Feld wurden nicht gezogen. „Dabei ist doch ein öffentliches Interesse gegeben, denn es sind auch Gärten der Einwohner von Steinfurth betroffen.“ Werner Strübing, Nachbar und Gemeindevertreter von Karlsburg, bestätigt den Fakt und zeigt in seinem Garten auf Rosenblätter, Pimpinelle, Himbeerblätter. Die Weißfärbung ist wahrlich nicht zu übersehen…. Zudem weiß Biobauer Götz seit gestern auch, dass nicht nur er und Klein Jasedow, sondern auch weitere Biohöfe in Griebenow, Grimmen, Loitz betroffen sind. „Für uns ist es eine Existenzfrage, denn ein Biohof steht und fällt mit dem Vertrauen der Kunden“, so Götz. Er verwahrt sich gegen den Vorwurf der finanziellen Abzocke. „Wir wollen, dass endlich Klartext geredet wird, ist das Zeug nun giftig, dass man das Gemüse nicht essen kann oder gibt es keine Bedenken beim Verzehr.“ Beim Landespflanzenschutzamt in Rostock wartete man gestern ungeduldig auf die Freigabe durch die produzierende Chemiefirma Syngenta Agro GmbH aus Maintal. Die Abteilungsleiterin für Pflanzengesundheitskontrolle, Dr. Ingrid Wulfert, informierte gleichzeitig, dass wegen der vielen Anfragen morgen in Klein Jasedow eine Pressekonferenz des Landwirtschaftsministeriums stattfindet. Außerdem sollen Informationsblätter für die Bevölkerung in Umlauf gebracht werden. Der Brasan-Hersteller hat indes zu gesundheitlichen Schäden darauf hingewiesen, dass Brasan als nicht giftig eingestuft ist. Allerdings wird auf den Behältern erklärt, dass nach der Anwendung des Mittels Schäden an benachbarten Gehölzen möglich sind.

von Cornelia Meerkatz

Ostseezeitung: 25.9.2001

Höhepunkt einer langen Serie von Vergehen
Konflikt mit Peeneland schwelt weiter

Der Konflikt zwischen Einwohnern der Gemeinde Pulow und der Peeneland Agrar GmbH schwelt weiter. Erneuter Ausdruck dafür ist ein Brief eines OZ-Lesers aus Klein Jasedow.

Klein Jasedow (OZ) Jochen Schilk spart in seinem Schreiben nicht mit Vorwürfen an Bernard Kowolik, Geschäftsführer der Peeneland GmbH. Die Nachbarn der von seinem Unternehmen bewirtschafteten Flächen könnten mittlerweile mit einem ganzen Katalog an Beschwerden aufwarten: Da würden beim Pflügen und Spritzen die Abstandsvorschriften zu Biotopen, Seen und Straßen ignoriert. Öffentliche Wege und fremder Grund würden regelmäßig einfach übergepflügt, Alleebäume und Gehölze um die Sölle, die „zu weit“ in die Ackerflächen ragten, ohne Rücksprache mit dem Umweltamt abrasiert.

Jochen Schilk lässt in seinem Brief auch das Getreidesilo bei Waschow nicht aus: Die zu diesem Monstrum gehörende Trocknungsanlage rattere mitunter Tage und Nächte lang am Stück, so dass an Schlaf und Erholung nicht zu denken sei. Bitten und Beschwerden der Anwohner würden von Herrn Kowolik unbeantwortet gelassen.

Aus der Sicht vieler Bürger, so Herr Schilk, sei der Unfall mit den Herbiziden nur der vorläufige Höhepunkt einer langen Serie von Vergehen. „Er ist eben nicht als Zufall, sondern als konsequenter Ausdruck einer systematisch rücksichtslosen Geschäftspraktik zu interpretieren.“

Herr Schilk fährt fort: „Umso erstaunter war ich zu erfahren, dass Herr Kowolik als praktizierender Katholik das Amt eines Kirchenrates bekleiden soll. Nun frage ich mich: Wie passt das zusammen? Wie kann ein bekennender Christ die ihm von Gott anvertraute Erde derart mit Gift und schweren Maschinen traktieren, ohne schlechtes Gewissen zu bekommen? . . . Und wie kann ein bekennender Christ jahrelang die Gesprächsangebote der leidgeplagten Anwohner seiner Flächen auf zynische Weise ausschlagen, ohne in Konflikt mit seinen Glaubensgrundsätzen zu geraten? Ich weiß, dass man auch in der katholischen Kirche das ,Macht euch die Erde untertan‘ nicht mehr ganz so wörtlich interpretiert: Der Mensch muss die ihm anvertraute Schöpfung gewissenhaft verwalten.

Peeneland-Geschäftsführer Bernard Kowolik verwies gestern auf OZ-Nachfrage darauf, dass sein Unternehmen die Verantwortung für die im Bereich der Gemeinde Pulow entstandenen Schäden anerkannt und den Vorgang der Versicherung übergeben habe. Weitere Stellungnahmen wollte er dazu unter Rücksicht auf das laufende Verfahren nicht abgeben.

von Dietrich Butenschön

Ostseezeitung: 26.9.2001

Skandal um Unkrautgift
Vorsicht geboten

Pflanzenschutzmittel sind ein sensibles Thema. Sie schützen Raps, Obst und Getreide. Für Unkraut und Krankheitserreger aber sind sie das blanke Gift. Gelangen die Mittel auf falsche Flächen, können sie Schäden anrichten.

Ökobauern und Kleingärtner sind zu Recht empört, wenn ihre Tomatenpflanzen die Blätter verlieren oder Kräuter sich gelb färben. Die Verursacher solcher Verluste müssen dafür aufkommen. Daran darf es keinen Zweifel geben. Der viele Regen und heftiger Wind bei der Herbstbestellung mögen erklären, warum ein Mittel, das bereits seit vier Jahren im Einsatz ist, plötzlich zu extremen Folgen führt.Entschuldigen kann dies die Fehlwirkungen nicht. Wie bei jedem Gefahrgut ist im Umgang mit Herbiziden besondere Vorsicht geboten. Noch dazu, wenn in der Nachbarschaft Ökobetriebe wirtschaften. Vielleicht wären Schutzstreifen eine Möglichkeit, diese vor ungewolllter Beeinträchtigung zu bewahren.

Wer die Agrochemie jedoch generell verteufelt, verkennt die Realität. Die Bilderbuchäpfel im Supermarkt sind so schön blank, weil sie gegen Schorf und Maden gespritzt wurden. Der Kunde kann die Früchte mit Genuss essen, wenn der Bauer die Mittel sorgsam nur zu bestimmten Zeiten eingesetzt hat.

Trotz nachvollziehbarer Ängste und gesundheitlicher Bedenken ist bei den jüngsten Fällen in Vorpommern Hysterie fehl am Platze. Die Bürgerinitiative befürchtet, dass ganze Landstriche verseucht wurden. Doch erst exakte Bodenanalysen können Aufschluss darüber geben, wie stark die Schäden sind und was zu tun ist. Mit vorschnellen Urteilen ist niemandem gedient.

von Elke Ehlers

Ostseezeitung: 26.9.2001

Öko-Bauern fürchten um ihre Existenz
Spritzmittel soll Gesundheitsbeschwerden auslösen

Der Skandal um das Raps-Spritzmittel „Brasan“ schwelt weiter. Bereits vergangene Woche schlugen die ersten Biobauern Alarm (OZ berichtete). Inzwischen gibt es 25 Fälle in ganz M-V.

Rostock (OZ) Ende August, als die Bauern ihre Rapsfelder gegen Unkraut spritzten, nahm das Unheil seinen Lauf. Vom Wind weitergetragen legte sich das Pflanzen-Gift „Brasan“ wie ein Schleier auf umliegende Grundstücke. Auf Kleingärten, Biohöfe, Gärtnereien.

Zunächst passierte gar nichts – das Gift wirkt langsam. Erst vergangene Woche sah Bio-Bauer Willy Götz (47) aus Steinfurth mit Entsetzen, wie Nesseln, Vogelmiere und andere Kräuter auf seinen Feldern welkten. „Eine Katastrophe“, stöhnt der Landwirt, der seine Produkte u.a. auf dem Markt in Greifswald verkauft.

Für Götz, studierter Chemiker, besteht kein Zweifel: Schuld ist das Spritzmittel Brasan. „Von der Struktur her ist es mit dem Kampfstoff Lost verwandt.“ Acht Quadratkilometer Land seien verseucht. Götz spricht von „flächendeckender Kontamination“.

Mitarbeiter des Landesamtes für Pflanzenschutz nahmen Proben. Resultat: „Wirkstoffe wurden nicht nachgewiesen“, so Marion Zinke vom Landwirtschaftsministerium. Die Werte des Wirkstoffs Clomazone in der geschädigten Zitronenmelisse lägen unter der Bestimmungsgrenze von 0,01 Milligramm je Kilo. Langzeitwirkungen des Giftes, das seit drei Jahren von der Syngenta Agro GmbH Hanau hergestellt wird, seien nicht bekannt.

Dafür hat Matthias Andiel (43), Bürgermeister von Pulow bei Wolgast und seit Jahren im Dauer-Clinch mit der dortigen Agrar-GmbH, akute Beschwerden in der Bevölkerung ausgemacht. Seine Tochter Sophia (12) sei Ende August plötzlich erkrankt. Kopfschmerz, geschwollener Hals. „Sie konnte kaum sprechen.“ Im Rahmen einer Fragebogenaktion ermittelt die örtliche Bürgerinitiative „Ökologische Gemeinde Pulow“ nun die Gesamtzahl der Fälle.

Wieso erst jetzt? Wird Brasan doch schon drei Jahre eingesetzt. Zu Anfang, sagt Andiel, wurde den Krankheits-Symptomen keine Bedeutung beigemessen. Nun sei endlich der Zusammenhang erkannt worden.

Nicht nur in Pulow. Heidemarie Beyer (55) aus Niex bei Rostock wohnt direkt am Acker, auch sie hatte allergische Beschwerden. „Das Gift ist schuld“, glaubt sie. Und: Haselnuss und Zypressen hätten sich plötzlich gelb verfärbt.

Konventionelle Landwirte dagegen warnen vor Panikmache. „Mit jedem Pflanzenschutzmittel kann man Unsinn machen“, meint Günter Brandt, Vorsitzender des Verbandes Mecklenburger Obst und Gemüse. „Auch ich habe Brasan auf meinen Feldern angewendet – ohne Schaden.“ Auf Dosierung und Windverhältnisse sei zu achten.

Eines aber ist nicht von der Hand zu weisen: Den Ökobauern enstehen ernste Schäden. „Meine Kunden sind überwiegend Allergiker und Schwangere“, so Willy Götz. „Die wollen überhaupt kein Spritzmittel, egal was das Amt sagt.“ Götz spricht von einer halben Million Mark Schaden. Das Geld will er sich von der Agrargesellschaft zurückholen. „Ich hoffe, die sind gut versichert.“

Uwe Fock (46), der auf der „Querbeet“-Ökogärtnerei bei Grimmen 21 Behinderte beschäftigt, hat Angst um seine Existenz. Sein Betrieb wurde vom Greifswalder Amt für Pflanzenschutz gesperrt. Einer seiner Großabnehmer, Martin Lamp, hat ihm gekündigt. Lamp verkauft Ökoprodukte der Bauern auf dem Rostocker Markt. Auch er ist besorgt. „Es kann viele die Existenz kosten. Auch uns Händler.“

von Marcus Stöcklin und Axel Meyer

Ostseezeitung: 26.9.2001

Bürgerinitiative will ökologische Gemeinde
Bürgerinitiative will ökologische Gemeinde – Umweltskandal in und um Pulow zieht weiter Kreise

Der seit Tagen seine Kreise ziehende Umweltskandal in und um Pulow hat zur Gründung einer neuen Bürgerinitiative geführt. Sie hat sich den Namen „Ökologische Gemeinde Pulow“ (= Bürgerinitiative Landwende) gegeben.

Pulow (OZ) Im Vorfeld einer für heute einberufenen Pressekonferenz haben Gemeinde und Bürgerinitiative keinen Zweifel daran, dass der durch das unsachgemäße Spritzen des Herbizids Brasan durch Mitarbeiter der Peeneland GmbH angerichtete Schaden immens sei. Der größte Teil des Gemeindegebietes sei flächendeckend mit dem Wirkstoff Clomazone verseucht.

Inzwischen diverse Strafanzeigen gestellt

Inzwischen habe man diverse Strafanzeigen gestellt, Schadenersatzklagen würden vorbereitet, die Gesundheitsbehörden seien alarmiert, Gesundheitsministerin und Landwirtschaftsminister eingeschaltet. Nach den strengen Richtlinien des ökologischen Landbaus verlören Bio-Bauern, bei denen eine Fläche mit synthetischen Giften behandelt worden sei – auch wenn durch Dritte geschehen – die Lizenz für den gesamten Betrieb und dürften ihre Produkte drei Jahre lang nicht mehr mit dem Siegel „kbA“ (kontrolliert biologischer Anbau) vermarkten. Das, so Gemeinde und Bürgerinitiative, bedeute für viele Betriebe wirtschaftlichen Ruin. Nicht absehbar sei der Image-Schaden, den Mecklenburg-Vorpommern als Tourismusland erleide. Im Statement aus Pulow heißt es schließlich: „Der Skandal markiert einen Höhepunkt in der Auseinandersetzung um eine tief greifende Wende in der Landwirtschaft. Die Gemeinde Pulow fordert . . . den Gesetzgeber auf, die Hoheitsrechte der Gemeinden um das Recht zu erweitern, über die Art und Weise zu bestimmen, in der das Gemeindeland bewirtschaftet werden darf.“

Indessen hat sich auch Brasan-Hersteller Syngenta Agro GmbH erneut zu Wort gemeldet. Die Firma möchte den betroffenen Kleingärtnern Regeln für die Verwertung ihrer Produkte an die Hand geben, wie es in einer Pressemitteilung heißt. Und die sehen so aus:

„1. Alle unterirdischen sowie oberirdischen Ernteprodukte, die in einem Abstand von mehr als 20 m von der mit Brasan behandelten Fläche erzeugt wurden, können verzehrt werden.

2. Alle Baumfrüchte wie Pflaumen oder Äpfel können verzehrt werden.

3. Alle oberirdischen Ernteprodukte, die in einem Abstand von weniger als 20 m von der mit Brasan behandelten Fläche erzeugt wurden, sollten aus Vorsorgegründen nicht verzehrt werden bzw. es ist in diesen Fällen eine Vor-Ort-Beurteilung durch einen Syngenta-Mitarbeiter erforderlich.“

Syngenta betont nochmals, dass von den aufgetretenen Abdrift-Fällen keine Gefahr für die auf angrenzenden Flächen erzeugten pflanzlichen Produkte ausgehe. Die für Laien beunruhigend aussehende Weißfärbung von Pflanzen habe ihre Ursache in der spezifischen Wirkung auf das Blattgrün. Die betroffenen Pflanzen würden sich wieder erholen und neue Triebe ausbilden. Von einer Belastung der Böden könne nicht gesprochen werden. Ebenso sei keine nachhaltige Beeinträchtigung der Bio-Produktion zu befürchten.

Eine Lanze für die Peeneland Agrar GmbH

Eine Lanze für die Peeneland Agrar GmbH in Hohendorf bricht Hans-Joachim Holler aus Eutin-Neudorf in Erwiderung auf den Brief von Jochen Schilk aus Klein Jasedow (siehe OZ von gestern):

„Sie kennen den Betrieb Peeneland Hohendorf nicht, sonst hätten Sie Ihren Brief in dieser Polemik nicht geschrieben. Der Betrieb wird seit 1990 von Herrn Kowolik als Geschäftsführer sehr umsichtig und mit viel Erfolg, zusammen mit seinen vielen Mitarbeiter, betrieben. 90 Mitarbeiter mit ihren Familien finden dort Brot und Arbeit. Zehn Auszubildende erhalten eine sehr gute Ausbildung.“

Herr Holler verweist dann darauf, dass zu den von Peeneland in den vergangenen Jahren getätigten notwendigen Investitionen auch der Landhandelsbetrieb in Waschow mit Trocknungsanlage gehöre. Ein Betrieb dieser Größenordnung lasse sich nun mal nicht ohne Geräusche betreiben.

Schließlich wird Herr Holler selbst polemisch: „Ihre Polemik gegen Herrn Kowolik gipfelt in den Ausführungen zu seiner Zugehörigkeit zur katholischen Kirche. . . Nach Aussagen mehrerer Gemeindemitglieder gehören Sie wohl einer Sekte an. Es muss eine sehr merkwürdige Sekte sein, die so Andersgläubige diffamiert …“

von Dietrich Butenschön

Nordkurier: 26.9.2001

Kein Verständnis für Vorgehen
Zu der Berichterstattung in unserer Zeitung über die Pflanzenschutzaffaire in Klein Jasedow:

Ich lebe in Klein Jasedow, einem jener Dörfer im Lassaner Winkel, das durch Pflanzenschutzmittel weiträumig vergiftet wurde. Aus der Sicht vieler Bürger ist der „Unfall“ mit den Pestiziden nur der vorläufige Höhepunkt einer jahrelangen Serie von Vergehen. Um so erstaunter war ich, zu erfahren, dass der dafür Verantwortliche als praktizierender Katholik das Amt eines Gemeindekirchenrates in der Wolgaster Gemeinde bekleiden soll. Nun frage ich mich: Wie passt das zusammen? Wie kann ein bekennender Christ die ihm von Gott anvertraute Erde derart mit Gift und schweren Maschinen traktieren, ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen?

Ich weiss, dass man auch in der katholischen Kirche das biblische „Macht Euch die Erde untertan“ seit geraumer Zeit nicht mehr ganz so wörtlich interpretiert: Der Mensch muss die ihm anvertraute Schöpfung gewissenhaft verwalten.

Jochen Schilk, Klein Jasedow.

Nordkurier regional: 26.9.2001

Pulow fordert mehr Rechte für Gemeinden
Konferenz im Ortsteil Papendorf – Minister dabei

Pulow (EB/as). Die Gemeinde Pulow fordert jetzt als Konsequenz aus dem Brasan-Vorfall den Gesetzgeber auf, die Hoheitsrechte von Gemeinden zu erweitern: Über die Art und Weise, wie das Gemeindeland bewirtschaftet wird, müsse die Kommune entscheiden dürfen. Dies wird in der heute angekündigten Pressekonferenz im Pulower Ortsteil Papendorf auf der Tagesordnung stehen.

Unter anderem haben sich auch Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) und die Direktorin des Landesgesundheitsamtes, Prof. Dr. Christel Hülße, als Gäste in Papendorf angesagt, war gestern aus der Landeshauptstadt zu erfahren. Für den Kreis Ostvorpommern kommen Vertreter des Gesundheitsamtes und des Veterinäramtes, kündigte Vize-Landrat Gerwald Meesmann an. Eingeladen sind auch Bernard Kowolik, Geschäftsführer der Peeneland Agrar GmbH, sowie Olaf Spillner, Vertreter einer Bürgerinitiative aus Hohenbüssow vom Landkreis Demmin, wo die gleichen Erscheinungen wie in der Gemeinde Pulow aufgetreten sind, weiterhin stehen auf der Gästeliste der Leiter des Pflanzenschutzamtes, Peter-Jürgen Stiemer, und Peter Hefner von der Syngenta Agro AG, die das umstrittene Brasan herstellt.

Betroffene Biobauern werden ebenfalls zugegen sein und auf ihre Problematik aufmerksam machen. Nach den strengen EU-Richtlinien des ökologischen Landbaus verlieren Biobauern, bei denen eine Fläche chemisch behandelt wurde, ihre Lizenz und dürfen ihre Produkte drei Jahre lang nicht mehr mit dem Siegel „kontrolliert biologischer Anbau“ (kbA) vermarkten.

Nordkurier: 26.9.2001

Nach Einsatz von Herbizid stehen betroffene Bauern vor einem Rätsel
Öko-Landwirte in Ostvorpommern fürchten um ihre Zulassung

Neubrandenburg (dpa). Der folgenschwere Einsatz des Herbizids Brasan auf Rapsfeldern in Mecklenburg-Vorpommern stellt betroffene Bauern, Gärtner und Behörden vor ein Rätsel. Seit der vergangenen Woche vermuten Öko-Landwirte und Kleingärtner im Landkreis Ostvorpommern einen direkten Zusammenhang zwischen der Weißfärbung von Blättern auf ihren Flächen und dem Ausbringen des Unkrautbekämpfungsmittels Brasan der Syngenta Agro GmbH (Hanau) in Agrarbetrieben. Kleingärtner klagten nach dem Verzehr von Äpfeln über Übelkeit, Fieber und Durchfall, Hautausschläge traten auf.

Nach Angaben des Herstellers sind gesundheitliche Schäden jedoch auszuschließen. Boden-und Obstproben aus den betroffenen Regionen blieben nach Angaben des Agrarministeriums unter den zulässigen Grenzwerten des Wirkstoffs Clomazone. Dennoch bangen Öko-Bauern, auf deren Flächen Brasan unbeabsichtigt niederging, um ihre Zulassung. Ökologische Flächen dürfen nicht chemisch behandelt werden.

Aus Mecklenburg-Vorpommern liegen nach Angaben des Agrarministeriums 25 Hinweise auf Schäden an Nachbarkulturen vor.

Sammelklage angekündigt

Obwohl auch in anderen Bundesländern Bauern ihre Rapsschläge mit Brasan unkrautfrei halten, wurden dort keine vergleichbaren Schäden bekannt. Nach Angaben des Umweltministeriums in Hessen gab es jedoch eine Empfehlung der Biologischen Bundesanstalt für Forst-und Landwirtschaft (BBA) in Braunschweig, das Mittel nicht mehr zu handeln, zu veräußern oder anzuwenden. Das Mittel sei jedoch nicht verboten und noch bis zum 31. Dezember 2001 zugelassen, sagte BBA-Sprecherin Gerlinde Nachtigall. Zwischenfälle seien vermutlich auf eine Fehlanwendung zurückzuführen.

Den Gedanken, dass nur Anwendungsfehler ihrer konventionell wirtschaftenden Kollegen zu den Schäden führten, weisen jedoch in Mecklenburg-Vorpommern selbst Öko-Landwirte zurück.

Die Bürgerinitiative in Pulow (Landkreis Ostvorpommern) hat inzwischen eine Sammelklage angekündigt.

Ostseezeitung: 27.9.2001

Meinungen
„Mich stören die Emotionen.“

Bei den gestrigen Protesten vor dem Papendorfer Gutshaus, beim Pressegespräch, sowie danach waren u.a. diese Meinungen zu hören:

Steffen Kahl, Neu-Boltenhagen:

Die Reaktion der Jasedower finde ich als Landwirt total überzogen, hier wird unfachlich diskutiert. Und unser Berufsstand wird hingestellt als wären wir die Dreckschleudern der Nation.

Renate Bliese aus Waschow:

An unseren Tomaten und am Obst haben wir keine Auffälligkeiten bemerkt, selbst unser Hund frist die Quäke vom besprühten Rapsfeld. Ich finde es infam, wenn die Gruppe aus Jasedow solche Behauptungen aufstellt. Es geht nur um Angriffe gegen Peeneland, die Herbizide sind nur ein Vorwand.

Olaf Spillner, Hohenbüssow

Ich spreche für eine Bürgerinitiative. Bei uns sind diese Krankheitssymptome nach dem Spritzen auch aufgetreten, Untersuchungen laufen. Man muss doch Menschen zugestehen, dass sie diese Dinge ernst nehmen und Aufklärung verlangen. Bei dem Thema geht es um Grundsätzliches, nämlich, wie geht man mit Natur um.

Axel Rückert, Landwirt Wolgast:

Statt Fakten zu nennen, wird das Vorurteil geschürt, konventionelle Landwirte sind Straftäter. Unser Betrieb wirtschaftet die 1700 ha bewusst, plündert den Boden nicht aus. Beim Anwenden von Pflanzenschutzmitteln gibt’s sicher auch schwarze Schafe. Was in der Sache in Jasedow geschah, ist schon ein Skandal, doch mich stören die Emotionen, als wenn man hier nur darauf gewartet hat.

Ostseezeitung: 27.9.2001

Ministerium prüft 33 gemeldete Herbizidfälle

Klein Jasedow (ddp). Das Landwirtschaftsministerium will den Herbizidbefall von Feldern ökologischer Betriebe untersuchen. Man werde allen bisher gemeldeten 33 Fällen nachgehen, sagte der Abteilungsleiter Verbraucherschutz, Jürgen Buchwald, gestern in Klein Jasedow. Gegebenenfalls werde die Entnahme von Boden- und Lebensmittelproben veranlasst. Das Gesundheitsamt will heute Blutproben von Bewohnern der betroffenen Ortschaft nehmen.

Das Landwirtschaftsministerium wolle den Ökobetrieben einen Tausch mit nicht chemisch behandelten Stilllegungsflächen ermöglichen, erklärte Buchwald. Schadensersatzansprüche müßten zivilrechtlich gegen den Verursacher eingeklagt werden, sagte er.

Der Fall mache den grundsätzlichen Widerspruch zwischen ökologischer und chemischer Landwirtschaft deutlich, betonte der Sprecher der Bürgerinitiative Klein Jasedow, Joachim Heimrath. Mit der politisch gewollten Erweiterung des Ökolandbaus werde sich der Konflikt vertiefen. Bio-Betriebe seien die Verlierer. Den Ökohöfen in Klein Jasedow drohe der Verlust der Anerkennung als Bio-Betrieb. Zwei Betrieben sei bereits der Entzug der Zertifizierung angekündigt worden.

Ostseezeitung: 27.9.2001

Herbizid-Vorfall spaltet mehr als ein Dorf
Standpunkte prallen aufeinander – Emotionen gingen vorm und im Gutshaus Papendorf hoch

Tumult und Polizeipräsenz vor dem Papendorfer Gutshaus waren Ausdruck einer drohenden Eskalation. Aufgebrachte Bürger und Landarbeiter wollten gestern mitreden, wo eigentlich Medien geladen waren.

Ostvorpommern/Klein Jasedow. Die durch den Herbizid-Vorfall aufgebrachten Wogen schlagen höher: Zur gestrigen Pressekonferenz im Papendorfer Gutshaus mit Vertretern zuständiger Behörden, des Landwirtschaftsministeriums, sowie betroffener Betriebe artete im Vorfeld fast zu handgreiflichen Auseinandersetzungen aus. Matthias Andiel, Bürgermeister der gastgebenden Gemeinde Pulow, verweigerte den aufgebrachten Bürgern, sowie Mitarbeitern der Peeneland Agrar GmbH Hohendorf mit dem Verweis auf Raumprobleme sowie geladene Gäste auch körperlich den Zutritt.

Dieses Aussperren wollten die zirka 50 protestierenden Männer und Frauen unter Berufung ihres Mitspracherechtes nicht akzeptieren, die Polizei wurde später gerufen, musste aber nicht eingreifen. Vertreter der Demonstranten konnten an der mit halbstündiger Verspätung beginnenden Gesprächsrunde doch teilnehmen.

Diesen für die Gäste unerwarteten Tumult erklärte Johannes Heimrath, Moderator und Vizebürgermeister, mit lange schwelenden Konflikten (u.a. Siloanlagen, Schwerlasttransporte durch Waschow) zwischen der Gemeinde und der Peeneland GmbH Hohendorf, die „aus dem Ruder laufen“. Heimrath formulierte als Ziel der Veranstaltung u.a. den Austausch von Informationen, Aufklärungen und Klarheit über den künftigen Umgang mit dem Problem. Er sprach von eigenen Untersuchungen und Beobachtungen auf Rapsschlägen in der Region und fragte die Experten: Kann es zu unvorhersehbaren Reaktionen und somit Gesundheitsschäden kommen, wenn zwei unterschiedliche Mittel, die auf benachbarten Feldern ausgespritzt werden, plötzlich reagieren? Die Experten räumten ein, dass das eingesetzte Brasan grundsätzlich ein „besonders vorsorglich zu behandelnder“ Stoff sei. Dieser könne sich beim Ausbringen im Gebiet Pulow bei den dortigen hügeligen Verhältnissen und entsprechenden Wind-und Witterungsumständen schon als problematisch erweisen. „Wie man mit dem Mittel bei diesen Bedingungen weiter verfährt, sei schwer zu sagen, so ein Vertreter des Landespflanzenschutzamtes.

Im speziellen Fall sei aber nach den bisherigen Ergebnissen kein Nachweis über Grenzwertüberschreitungen erbracht, teilweise konnte das Mittel nicht mal mehr nachgewiesen werden. Dennoch nehme man die Krankheitssymptome der Bürger ernst, wie Professorin Christel Hülße vom Landesgesundheitsamt sowie Dr. Doris-Christa Wessel vom Kreisgesundheitsamt betonten: „Bisher liegen fünf Blutproben vor, die in der Uni Rostock toxikologisch untersucht werden.“ Heute um 16 Uhr können sich betroffene Bürger im Gutshaus Papendorf einem Mediziner vorstellen, ein Krankheitsfragebogen wird auf Empfehlung von Bürgermeister Andiel auch an alle Haushalte verteilt.

Bio-Betriebe sind in ihrer Existenz bedroht

Auf die Forderungen von Markus Süßmann aus Jasedow, das Herbizid-Spritzen bis zur Klärung der Sachlage auszusetzen, meinte Dr. Jürgen Buchwald als Vertreter des Landwirtschaftsministers Till Backhaus: Ein derartiges Verbot sei nicht realisierbar, die Spritzsaison ohnehin vorbei. Es bestehe auch nachweislich keine Gesundheitsgefahr. Peter Hefner, Sprecher der Brasan-Herstellerfirma Syngenta, wies Schuldzuweisungen gegen sein Unternehmen zurück und erklärte auf Nachfrage: „Die Zulassung für Brasan läuft planmäßig zum Jahresende aus, eine Wiederzulassung für 2002 ist bei den Prüfstellen beantragt, aber noch nicht entschieden, Sonderverkäufe des Mittels gabs nicht.

Auf den Schaden ihrer Betriebe angesprochen, meinte Simone Schaefer (Kräuergarten Pommerland): Konkret könne man das nicht beziffern, der Verlust des Bio-Zertifikates sei aber ausgesprochen. Der ebenfalls betroffene Bio-Bauer Götz aus Steinfurth sprach von derzeit 158000 Mark Schaden, einem Imageverlust und einer Ernte, die er weder als Bioware noch als konventionelles Produkt verkaufen könne. „Betriebe sind in der Existenz bedroht, Mitarbeiter stehen vor der Entlassung.“ Vom Erntedankfest könne keine Rede sein. Manfred Engel, Waschower und Mitarbeiter der Peeneland GmbH, appellierte an den künftigen Umgangsformen in der Gemeinde: „Schuld haben vielleicht beide Seiten, aber es geht nicht mit Hass, sondern nur sachlich.“

von Dirk Lenz

Anklamer Zeitung: 27.9.2001

Ministerium gibt Entwarnung in Sachen „Brasan“
Agrar Angestellte demonstrieren vor Konferenz

Papendorf. Mit ein wenig Aufruhr hatte die Pulower Bürgerinitiative gestern vormittag bestimmt gerechnet, aber den hatte sie sich wohl eigentlich für ihren eigenen Auftritt in der Pressekonferenz mit Behördenvertretern vorbehalten. Es kam anders: Etwa 70 Bürger der umliegenden Dörfer und Angestellte der Peeneland Agrar GmbH, die an diesem Tag anscheinend alle freibekommen hatten, demonstrierten vor dem Papendorfer Gutshaus.

Die Demonstranten wandten sich gegen die von der Bürgerinitiative „Ökologische Gemeinde Pulow“ (= Bürgerinitiative Landwende) erhobenen Vorwürfe der Vergiftung durch den benachbarten Agrarbetrieb. Die erregte Atmosphäre drohte fast zu eskalieren, als einige Demonstranten sich gegen die Bürgerinitiative und auch den Bürgermeister Matthias Andiel wandten. „Wir wollen unsere Arbeit behalten“, riefen einige. „Wir sind nicht krank“ oder „Geht doch dahin, wo ihr hergekommen seid“, meinten sogar Andere zu den Initiatoren der Bürgerinitiative, die meist erst einige Jahre in der Gemeinde leben.

Andiel sagte danach, dass viele Peeneland-Mitarbeiter und deren Angehörige unter den Demonstranten waren. Wer gestern allerdidngs nicht erschien, war der Chef der Demonstranten Bernard Kowolik, Geschäftsführer der Peeneland Agrar GmbH, oder einer seiner Vertreter. Dafür versammelte sich ein großes Aufgebot an Behördenvertretern, Journalisten, Öko-Landwirten und Einwohnern im Guthaus.

Schaden für Ökobetriebe

Der Grundtenor der Amtspersonen lautete Entwarnung: Das Pflanzenmittel Brasan sei nicht giftig. „Kontaminierte Pflanzenprodukte bewirken keine gesundheitlichen Schäden“, stellte Jürgen Buchwald fest. Der Abteilungsleiter für Verbraucherschutz im Landwirtschaftsministerium vertrat seinen Chef Till Backhaus, der sein Kommen eigentlich zugesagt hatte. Dennoch sei ein Schaden für die Ökobetriebe entstanden, so Buchwald. Durch die strengen EU-Richtlinien können die Brasan versetzten Lebensmittel nicht mehr als Ökoprodunkte verkauft werden. Die Ernte für dieses Jahr sei also verloren, gab er zu. Größeren Schaden erleidet allerdings der Hof des Steinfurther Öko-Bauern Wilfried Götz. In seinem Boden seien Herbizidreste gefunden worden, die eine gewisse Nachweisgrenze überschritten haben. Bei ihm sei nicht nur die Ernte vernichtet, er müsse mit Lizenz-Entzug als Biobauer rechnen.

Nicht so beim Klein Jasedower „Kräutergarten Pommerland“, meinte Buchwald. Hier könne nächstes Jahr weiterproduziert werden, weil keine Brasan-Rückstände im Boden gefunden worden seien. Einen vorliegenden Lizenz-Entzug, den die Betreiber gestern früh im Briefkasten fanden, wertete er als „vorsorgliche Maßnahme“, die aufhebbar sei. Zu empfehlen seien Schadensersatzklagen gegen die Verursacher, merkte Buchwald an.

Der Fall Klein Jasedow mache den grundsätzlichen Widerspruch zwischen ökologischer und chemischer Landwirtschaft deutlich, sagt Johannes Heimrath, Sprecher der Bürgerinitiative. Matthias Andiel pflichtete Manfred Engel bei, einem Mitarbeiter der Peeneland Agrar, der meinte, der Betrieb und die Initiative „müssten sich doch mal zusammenfinden. Beide haben Schuld an der Situation.“ Andiels nächstes Ziel heißt darum Kontaktaufnahme mit Peenelandchef Bernard Kowolik.

Heute Nachmittag ab 16 Uhr besteht die Möglichkeit, bei einer extra Sprechstunde einen Gesundheitscheck im Papendorfer Gutshaus vornehmen zu lassen, bot die Amtsärztin Doris Wessel an.

von Andreas Segeth

Neues Deutschland 27.09.01

Agrar: Brasan mit giftiger Brisanz
Ministerien nach Herbizid-Fall: Menschen bisher offenbar nicht gefährdet

Wegen Körperverletzung hat eine Bürgerinitiative in Pulow (Vorpommern) jetzt Anzeige gegen das Landespflanzenschutzamt Mecklenburg-Vorpommern und die Firma Syngenta Agro erstattet. Der Grund: fehlerhafter Einsatz des Herbizids Brasan.

Im Dorf Pulow bei Anklam in Vorpommern herrscht Aufregung. Eine Agrar GmbH in der Umgebung von Anklam hat im August das Pflanzenschutzmittel Brasan zwecks Unkrautvernichtung auf Rapsfelder versprüht. In der Nachbarschaft der Agrar GmbH bemerkten Bauern am 17.September, dass sich Blätter an ihren eigentlich unbesprühten Pflanzen gelb oder weiß verfärbten. Inzwischen wurde auch aus anderen Landesteilen von Mecklenburg-Vorpommern gemeldet, dass sich Pflanzen in der Nähe von Rapsfeldern verfärben. Von insgesamt 25 gemeldeten Fällen wird berichtet.

Zusätzlich klagen Bewohner des Dorfes Pulow in der Anklamer Region über Fieber, Übelkeit, Atemwegsbeschwerden oder Hautausschlag. Außerdem wirft eine spontan gebildete Bürgerinitiative in Jasedow dem Agrar-Betrieb vor, dass auch Flächen von benachbarten Bio-Bauern durch das Pflanzenschutzmittel bedroht sind. Der Betrieb habe das Mittel Brasan mit zu hohem Druck versprüht und vorgeschriebene Abstände zu Gewässern und Feldrändern nicht eingehalten. Brasan wird seit drei Jahren eingesetzt und von der Syngenta Agro GmbH aus dem Hessischen hergestellt.

Martina Bunge, die Gesundheitsministerin von Mecklenburg-Vorpommern, erklärte gestern, sie habe am späten Abend des 21. September erstmals von den Fällen gehört. Da sei von 60 bis 70 Betroffenen gesprochen worden. Auf ihre Frage nach ärztlichen Diagnosen über Ursachen der Krankheiten habe sie keine eindeutigen Antworten erhalten. Am Montag dieser Woche seien Blutproben von Leuten aus der Anklamer Region genommen worden, die über Erkrankungen klagen. Diese würden derzeit ausgewertet.

Ministerin Bunge plädierte dafür, die Sorgen der Anwohner ernst zu nehmen. Andererseits warnte sie vor Hektik. Es könne sich bei den Beschwerden um saisonale Krankheitssymptome wie Grippe oder um andere Ursachen handeln. Das Landwirtschaftsministerium von Mecklenburg-Vorpommern räumte laut der Bürgerinitiative der Gemeinde Pulow zwar ein, dass die beklagte Agrar GmbH die vorgeschriebene „gute fachliche Praxis“ grob missachtet habe. Eine Gesundheitsgefährdung beim Verzehr von Obst und Gemüse bestehe jedoch nicht. Der Landwirtschaftsminister gab den üblichen Rat, Obst und Gemüse vor dem Verzehr zu waschen. Bodenproben einer geschädigten Fläche des Betriebes „Kräutergarten Pommerland“ lägen unter der Bestimmungsgrenze von 0,01 Milligramm je Kilo, teilte das Ministerium mit. Auch die Obstprobe bei einem betroffenen Kleingärtner habe keine Belastungen ergeben. Nach Angaben des Ministeriums liegt die duldbare Aufnahmegrenze des Wirkstoffs Clomazone bei 0,043Milligramm je Kilo Körpergewicht: „Ein Mensch mit 70 Kilogramm Gewicht könnte täglich 3 Milligramm dieses Wirkstoffs direkt zu sich nehmen, ohne dass es zu einer Gesundheitsgefährdung kommt, beruhigt das Ministerium. Diesen Level zu erreichen, ist praktisch unmöglich, wenn man Konzentration und Menge des ausgebrachten Pflanzenschutzmittels betrachtet.“

Landwirtschaftsminister Backhaus räumt aber ein, dass Öko-Bauern Schäden entstehen können. Die müssen nachweisen, dass ihre Flächen nicht mit Pflanzengiften behandelt werden. Zivilrechtlich sollten eventuelle Entschädigungsfragen wegen möglicher vom Wind verwehter Pflanzenschutzmittel geklärt werden, empfiehlt der Minister.

Auch der Leiter des Giftinformationszentrums für Mecklenburg-Vorpommern und drei weitere ostdeutsche Länder, Helmut Hentschel, bezweifelt einen direkten Zusammenhang zwischen dem Pflanzenschutzmittel Brasan und den Nachrichten über erkrankte Anwohner aus der Anklamer Region. In seinem Zentrum habe es keine Anfragen wegen möglicher Vergiftungen durch das Pflanzenschutzmittel gegeben. Der Giftspezialist weist auch darauf hin, dass die Wirkung des Pflanzenschutzmittels auf Chlorophyll ausgerichtet ist. Es störe den Stoffwechsel von Pflanzen, wirke also nicht auf Menschen. Allerdings wollte auch Hentschel die Alarmmeldungen aus Anklam nicht bagatellisieren. Er warb ebenfalls dafür, die Störungen ernst zu nehmen und nach den Ursachen zu suchen. Hentschel erklärte zudem, dass Pflanzenschutzmittel nicht wie Arzneimittel getestet würden.

Am Beispiel eines anderen Falles warnte der Leiter des Giftinformationszentrums vor Hysterie. Nach einem Fernsehbericht im Jahr 1999 über ein Holzschutzmittel aus der DDR stiegen in seinem Amt die Anfragen zu möglichen Vergiftungen durch dieses Produkt an. Im Jahr 2000 gab es nur noch wenige Fragen dazu. Praktisch hätte das Mittel nach zehn Jahren keine Vergiftungen auslösen können. Die vermehrten Anfragen nach dem Fernsehbericht führte er auf die schnelle Legendenbildung zurück.

von Wolfgang Rex, Schwerin

Nordkurier 27.9.2001

Demo gegen Öko-Initiative

Papendorf (EB/as). „Mit Brasan kontaminierte Pflanzenprodukte bewirken keine gesundheitlichen Schäden“, stellte gestern ein Vertreter des Landwirtschaftsministeriums in einer Pressekonferenz fest. Zuvor kam es zu einer Demonstration von Angestellten der Peeneland Agrar GmbH und Bewohnern der umliegenden Dörfer gegen die Bürgerinitiative „Ökologische Gemeinde Pulow“ (= Bürgerinitiative Landwende).

Anzeigenkurier Anklam 27.9.2001

Bauern fordern Schadenersatz
Steinfurther Landwirt muss Verkauf seiner Produkte einstellen

Klein Jasedow (EB/G.P.) Die Bio-Bauern um Lassan sind verzweifelt. Nach Aussprühung eines Herbizidmittels auf den Rapsflächen einer benachbarten Agrar GmbH haben sich Krankheitssymptome an ihren Kulturen gezeigt. Pflanzen und Gräser verfärbten sich. Es soll sogar zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen von Dorfbewohnern gekommen sein. Bio-Bauer Willy Götz aus Steinfurth berichtete von Pflanzenschäden auf seinen Feldern zwischen Karlsburg und Steinfurth. „Ich habe den Verkauf meiner Produkte einstellen müssen“, sagte er. Sollte sich durch Bodenproben eine Kontaminierung des Bodens bestätigen, muss er in Befolgung der EU-Richtlinien damit rechnen, die Produktion für etwa drei Jahre einstellen zu müssen und wäre ruiniert. Nach Einschätzung der Betroffenen sind etwa 20 Betriebe der Region durch das Pflanzenschutzmittel geschädigt. „Das geht in die Millionen und zieht Schadensersatzklagen nach sich, die wir schon nächste Woche auf den Tisch legen werden“, drohten die Bauern.

Nordkurier: 27.9.2001

Prüfung der Herbizid-Fälle
Ministerium will gegebenfalls Bodenproben veranlassen

Klein Jasedow (ddp). Das Schweriner Landwirtschaftsministerium will den Herbizidfall von Feldern ökologischer Betriebe untersuchen. Man werde allen bisher gemeldeten 33 Fällen nachgehen, sagte der Abteilungsleiter Verbraucherschutz, Jürgen Buchwald, gestern in Klein Jasedow (Ostvorpommern). Gegebenenfalls werde die Entnahme von Boden-und Lebensmittelproben veranlasst. Das Gesundheitsamt wollte heute Blutproben von Bewohnern der betroffenen Ortschaft nehmen.

Das Ministerium wolle den Öko-Betrieben einen Tausch mit nicht chemisch behandelten Stilllegungsflächen ermöglichen, sagte Buchwald. Er kündigte zugleich eine verstärkte Beratungstätigkeit zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln an.

Ostseezeitung: 28.9.2001

Ökobauer Götz behält seine Existenz

Schwerin/Steinfurth (dpa). Nach den Herbizid-Vorfällen hat das Lanwirtschaftsministerium Entwarnung gegeben. Bei Untersuchungen des Gemüses vom Öko-Bauern Willy Götz aus Steinfurth (Ostvorpommern) sei keine Belastung festgestllt worden, teilte das Ministerium gestern mit. Die Öko-Lizenz werde Götz voraussichtlich nicht entzogen. Allerdings dürfe der Bauer seine Ernte in diesem Jahr nicht als Produkt aus ökologischem Anbau vermarkten.

Ostseezeitung: 28.9.2001

Till Backhaus lädt Pulower Bürger ein

Pulow. Die Bürgerinitiative „Ökologische Gemeinde Pulow“ (= Bürgerinitiative Landwende) wurde zum Gespräch von Landwirtschaftsminister Till Backhaus nächsten Donnerstag nach Schwerin geladen. Bürgermeister Andiel wendet sich mit dem Wunsch nach einem Gespräch per öffentlichem Brief an die Peeneland GmbH (siehe Ausgabe morgen). In Papendorf ließen sich gestern elf Bürger Blutproben entnehmen.

Nordkurier: 28.9.2001

Andiel schlägt Treffen mit Peeneland vor
Offener Brief an Agrar-Chefs

Pulow (EB). Mit einem offenen Brief an die Peeneland Agrar GmbH versucht Pulows Bürgermeister Matthias Andiel, die Emotionen im Dorf nach den Verunreinigungen von Öko-Feldern durch das Herbizid „Brasan“ zu dämpfen. So schlägt er den beiden Peenland Chefs Bernard Kowolik und Olaf Czeskleba ein Treffen in der nächsten Woche vor. „Keiner kann daran interessiert sein, … rechtliche Konflikte in Sachfragen zur Störung der guten Nachbarschaft zwischen den Bewohnern unserer Ortsteile werden zu lassen“, schreibt Andiel und verweist damit auf wütende Proteste jener Pulower, die durch Aktionen der Bürgerinitiative Klein Jasedow ihre Arbeitsplätze bei Peeneland bedroht sehen.

Gleichzeitig bedaure er, dass am Mittwoch „die MitarbeiterInnen der Peeneland Agrar GmbH … in der irrigen Annahme nach Papendorf gekommen waren, es würde eine Bürgerversammlung stattfinden“. Es habe sich lediglich um eine Pressekonferenz gehandelt: in diesem Zusammenhang kritisierte Andiel, dass weder die Peeneland-Chefs noch Vertreter des Bauernverbandes erschienen waren.

Nordkurier: 28.9.2001

Till Backhaus: Ökozulassung nicht in Gefahr

Ostvorpommern (EB). Agrarminister Till Backhaus (SPD) will seine Berliner Amtskollegin Renate Künast (Grüne) bitten, die Zulassung des Herbizids „Brasan“ durch die Biologische Bundesanstalt für Land-und Forstwirtschaft prüfen lassen. Gleichzeitig betonte Backhaus, dass aus seiner Sicht die Ökozulassung des Steinfurther Biobauern Willy Götz nicht gefährdet ist. Die Untersuchung von fünf Gemüsesorten aus seinem Anbau habe keinen Nachweis der Brasan-Wirkstoffe erbracht. Gleichwohl dürfe die Ernte in diesem Jahr nicht als Öko-Produkt vermarktet werden. Unterdessen ist Pulows Bürgermeister Matthias Andiel bemüht, die Wogen in seiner Gemeinde nach dem Brasanstreit zu glätten.

Nordkurier: 28.9.2001

Krieg um Kräutergarten und giftige Chemie
Auseinandersetzungen zwischen Öko-Bauern und Agrarbetrieben

Klein Jasedow. In Klein Jasedow südlich von Wolgast schlagen derzeit die Emotionen hoch. „Der Bürgermeister ist ein Schande für die Gemeinde“, ereifert sich die Hausfrau Marianne Gieser. “ Die wollen uns doch nur platt machen“, meint Andreas Stelter vom ATR Landhandel und fügt hinzu: „Drei Jahre lang haben sie es versucht und glauben, mit Brasan den Schlüssel gefunden zu haben.“ „Unser ganzer Berufsstand wird angegriffen“, meint ein Bauer, der aus der Nähe von Greifswald kommt.

Was ist passiert? Die Felder rund um Klein Jasedow gehören zur Peeneland Agrar GmbH, einem 4000 Hektar-Betrieb aus Hohendorf. Mittendrin liegen kleine Parzellen, auf denen der „Kräutergarten Pommerland“ Kräuter für Tees und Wildfrüchte für Brotaufstrich anbaut – kontrolliert ökologisch. Der Kräutergarten gehört dem Verein Mirabell, zu dem sich Leute zusammengeschlossen haben. Für sie ist jede Chemie Gift.

Der Konflikt war vorprogrammiert. Ende August hatte die Peeneland Agrar das Brasan auf seine Winterraps-Felder ausgebracht. Zehn Tage später beobachtete der benachbarte Kräutergarten, dass sich die Blätter auf seinem Zitronenmelissenfeld gelblich verfärbten. Produktionsleiterin Simone Schaefer hatte den Verdacht, dass ein Zusammenhang besteht. Brasan beinhaltet den Wirkstoff Clomazone, der die Bildung des Pflanzenfarbstoffs Chloropyll verhindert.

Schaefer erstattete Anzeige beim Landwirtschaftsamt. Ein Vor-Ort-Termin bestätigte den Zusammenhang zwischen Brasan und dem Verwelken der Blätter. Das Landespflanzenschutzamt stellte fest, dass das Herbizid schlampig ausgebracht wurde. Es wurde mit zu hohem Druck ausgebracht.

Verstoß gegen die Regeln der guten fachlichen Praxis, heißt es aus dem Schweriner Landwirtschaftsministerium (Nordkurier berichtete). Der amtierende Geschäftsführer der Peeneland Agrar, Olaf Czeskleba, gesteht die Schuld ein und verspricht für den Schaden aufzukommen. Doch damit ist es offenbar nicht getan. Denn mehrere Bürger erinnern sich, wie es Anfang September an sonderbaren Kopfschmerzen sowie Kinder an Hautauschlägen gelitten haben. Sie schlagen Alarm.

Entzug des Siegels droht

Inzwischen geben Landwirtschaftsministerium und Sozialministerium Entwarnung. Untersuchungen hätten ergeben, dass von Brasan keine direkte Gefährdung für den Menschen ausgeht, versichert Jürgen Buchwald, Abteilungsleiter Verbraucherschutz beim Landwirtschaftsministerium. Amtsärztin Doris Wessel erklärt nach einer Umfrage in den Arztpraxen die beobachteten Erkrankungen mit Infektionen.

Unklar ist jedoch noch, was mit dem Bio-Betrieb passiert, der fünf Frauen beschäftigt und gerade im Juli aus einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ausgegründet worden war. Produktionsleiterin Schaefer zeigt eine Urkunde, in der der Kontrollverein Grünsiegel den Entzug der Zertifizierung als Öko-Betrieb ankündigt, wenn sich der Befall bestätigt.

Die Ergebnisse liegen noch nicht vor

Das Labor des Greifswalder Landespflanzenschutzamtes hat zwar bei einer Bodenprobe keine Rückstände nachweisen können und auch die Melisse weist eine Konzentration auf, die unter der zulässigen Höchstgrenze für Lebensmittel liegt. Aber ob das auch der Kontrollverein akzeptiert, ist noch offen. „Drei Jahre Arbeit sind für die Katz“, sagt Schaefer. Zwar könne die Ernte noch als konventionelles Lebensmittel verkauft werden, „aber wo wird man sie noch los?“

„Der Fall macht den grundsätzlichen Konflikt zwischen ökologischer und chemischer Landwirtschaft deutlich“, sagt Johannes Heimrath, Sprecher des Vereins Mirabell und Vizebürgermeister im Dorf. „Und dieser wird sich mit der politisch gewollten Erweiterung des Ökolandhaus noch vertiefen.

von ddp-Korrespondent Edgar Offel

Ostseezeitung: 28.9.2001

Erntezeit-Aktion findet Sonntag in Ducherow statt
Volksfest beim „Tag des offenen Hofes“

Landwirte wollen Vertrauen zurück gewinnen. Verbraucher sollen mit ihren Augen sehen, wie tatsächlich auf den Feldern der Region produziert wird. Dazu wird Sonntag zum „Tag des offenen Hofes“ eingeladen.

Ostvorpommern/Ducherow (OZ) Die Vorbereitungen laufen seit Monaten, denn organisatorisch ist „ein riesiger Aufgabenberg“ zu bewältigten. Eckard Schröder, Chef der Ducherower Agrar-GmbH, weiß wovon er spricht. Jährlich stellt er mit seinen Mitarbeitern ein regional vielbeachtetes Reitturnier auf die Beine. In diesem Jahr gibt’s nun ein zweites Volksfest auf dem Gelände an der B 109. „Wir werden Gastgeber der landesweit angelegten Aktion sein, um Vertrauen in die Landwirtschaft zu vermitteln.“ Die Verbraucher seien verunsichert, Meldungen über u.a. BSE sowie die aktuellen Vorkommnisse in Klein Jasedow würden die Stimmung noch verstärken. Davon bleiben nicht nur die Vorurteile am Landwirt haften, sondern auch der finanzielle Verlust, betont Schröder: „Den Preisverfall bei Schlachtkühen von 300 bis 400 Mark sowie Kälbern von 170 bis 190 Mark trägt ja nicht der Handel, sondern bleibt beim Bauern hängen.“ Das habe in der Summe schon erhebliche Auswirkungen bei einer Gesellschaft wie der Ducherower, die mit sieben Betrieben und 70 Arbeitskräften 2 000 ha Grünland, 3 800 ha Acker und einen Tierbestand von 700 Milchkühen und 1 100 extensiv gehaltenen Tieren bewirtschaftet.

Deshalb will man mit Unterstützung der Gemeinde, des Amtes, der Vereine sowie des Bauernverbandes zeigen, dass auch konventionelle Landwirte ihr Handwerk bewusst ausüben. „Wir produzieren gesunde Lebensmittel und werden Sonntag den Gästen alles zeigen.“ Man wird die Rinder- und Schweineproduktion veranschaulichen, 120 Meter Technik vom alten Famulus bis zum 300-PS-Schlepper zeigen, Pflanzenschutzexperten geben ebenso Auskunft wie Vertreter von Beratergremien und Fachschule Neubrandenburg, so Schröder, der Sonntag von 10 bis 18 Uhr ein Volksfest mit tollem Programm für Erwachsene und Kinder verspricht. Gerhard Rosner, Chef des Bauernverbandes Anklam, würdigt diese Bereitschaft: „Wir sind froh, dass wir die Ducherower begeistern konnten.“

von Dirk Lenz

Nordkurier: 29./30.9.2001

September zu kalt und zu naß

Neubrandenburg (dpa). Der September ist nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes bisher zu nass, zu kalt und zu wenig sonnig gewesen. Bis zum 27. September habe es in Mecklenburg-Vorpommern 20 bis 22 Regentage gegeben, sagt der Agrarmeteorloge Michael Wagner gestern. Mit 130 bis180 Litern Niederschlag pro Quadratmeter fiel das Doppelte bis Dreifache des Normalen.

Nordkurier: 29./30.9.2001

„Brasan“ im Blut gefunden

Pulow.(EB). Im Blut einer Einwohnerin seien Rückstände des Herbizids „Brasan“ gefunden worden. Das teilte die Initiative „Ökologische Gemeinde Pulow“ (= Bürgerinitiative Landwende) mit. Es gebe zwar kein Gesundheitsrisiko, doch Angaben des Brasan-Herstellers zum Abbau der Wirkstoffe seien nun in Frage gestellt. Unterdessen stellt Öko-Bauer Georg-Wilhelm Voß (Jamitzow) der von Brasan betroffenen Kräutergarten Pommerland eG einen Hektar Ausweichfläche zur Verfügung.

Ostseezeitung: 29./30.9.2001

Landwirt Voß stellt Ackerflächen bereit

Pulow. Wie die Pulower Ökologische Gemeinde mitteilt, hat der Jamitzower Landwirt und Bürgermeister von Jamitzow Georg-Wilhelm Voß dem von Ernteverlusten und der Öko-Anerkennung betroffenen Kräutergarten Pommernland einen Hektar zertifizierter Ackerflächen für den kontrolliert biologischen Anbau bereit gestellt. Zudem wurde man informiert, dass in der Blutprobe einer Einwohnerin von Klein Jasedow der Wirkstoff Clomazone nachgewiesen sei. Eine Gesundheitsgefährdung stelle die Menge nicht dar.

Ostseezeitung: 29./30.9.2001

„Pulower Konflikte im klärenden Gespräch an einem Tisch lösen“

Im offenen Brief wendet sich der Pulower Bürgermeister Matthias Andiel an die Geschäftsleitung der Peeneland GmbH Hohendorf:

Ich bedauere, dass die MitarbeiterInnen der Peeneland Agrar GmbH und ihre Familienmitglieder in der irrigen Annahme nach Papendorf gekommen sind, es würde eine Bürgerversammlung stattfinden. Es handelte sich aber um eine Pressekonferenz, zu der neben Vertretern der Ministerien und vieler Behörden sowie ökologischen und konventionellen Landwirten eben nur die Medien eingeladen waren, damit diese in Ausübung der Pressefreiheit sich umfassend und von allen betroffenen Seiten informieren konnten. Dem Ansinnen einiger Personen, sich gewaltsam Zutritt zu verschaffen, konnte schon aus Gründen des Personenschutzes nicht stattgegeben werden. Vielmehr war der Vorschlag von Herrn Engel aus Ihrer Belegschaft ganz in unserem Sinne, der dafür plädiert hat, sich statt dessen zum klärenden Gespräch an einen Tisch zu setzen. Der von der Pflanzenschutzbehörde festgestellte unsachgemäße Umgang mit dem Pflanzenschutzmittel Brasan sollte doch in einem derart großen Betrieb, der zudem nur zu einem Teil auf Pulower Gebiet wirtschaftet, keine Panik auslösen, dass nun „der ganze Betrieb verjagt“ werden solle, wie zu hören war. Da müsste doch eher die kleine Kräutergenossenschaft, deren Existenz durch den Unfall tatsächlich bedroht ist, in Panik geraten. Ich hatte allerdings erwartet, dass sich die geladenen Geschäftsführer persönlich an der Pressekonferenz beteiligen, sich für ihr Unternehmen einsetzen und sich konstruktiv zur Lösung der Konflikte mit der Gemeinde einbringen. Leider hat sich auch der Bauernverband, dessen Geschäftsführer Gerhard Rosner geladen war, bisher nicht zu der komplexen Problematik geäußert. Das Unglück trifft tatsächlich beide Seiten, denn auch die konventionell arbeitenden Betriebe sind durch ein Mittel ins schiefe Licht geraten, dessen Eigenschaften sie nicht zu verantworten haben und auf dessen Funktionstüchtigkeit sie nach Herstellerangaben vertrauen durften. Keiner kann daran interessiert sein, in unserer Region, die das Miteinander aller hier lebenden Menschen so dringend braucht, rechtliche Konflikte in Sachfragen zur Störung der guten Nachbarschaft zwischen Bewohnern unserer Ortsteile werden zu lassen.

Blitz 30.9.2001

Ohne Bedenken

pb. Das Landespflanzenschutzamt Mecklenburg-Vorpommern informiert: Das Gemüse eines Öko-Bauern in Vorpommern ist nicht mit einem Pflanzenschutzmittel kontaminiert. Landwirte sind zur Eigenkontrolle verpflichtet.

Durch das Landesveterinär- und Lebensmitteluntersuchungsamt sind fünf verschiedene Gemüsesorten des Ökobauern Götz aus Steinfurth/Vorpommern auf Kontamination mit Clomazone und Dimethachlor – die Wirkstoffe des in der Nachbarschaft eingesetzten Herbibizids – untersucht worden. Der Gehalt lag unterhalb der Nachweisgrenze.

Die Produkte sind damit gesundheitlich vollkommen unbedenklich.

Gleichwohl darf die Ernte von diesen Flächen in diesem Jahr nicht als Produkt aus ökologischem Anbau vermarktet werden.

Entgegen aktuellen Veröffentlichungen in den Medien weist das Landeswirtschaftsministerium nochmals darauf hin, daß der Verzehr von Obst und Gemüse aus Gärten, die sich in der Nachbarschaft von Flächen befinden, die mit Brasan behandelt wurden, gesundheitlich unbedenklich ist.

Gleiches trifft auf tierische Produkte wie Milch und Eier zu.

(Auszug aus der Pressemitteilung vom 27.09.01 des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei)

Ostseezeitung: 02.10.2001

Jasedow: Blutprobe liegt über Nachweisgrenze

Klein Jasedow/Schwerin. Von den sieben bislang im Zusammenhang mit dem Herbizid-Vorfall untersuchten Blutproben aus Klein Jasedow, die in der vergangenen Woche vom Gesundheitsamt des Landkreises Ostvorpommern zur Untersuchung eingereicht wurden, ist in einem Fall die Nachweisgrenze von 0,1 Mikrogramm pro Liter überschritten worden, bestätigte das Schweriner Sozialministerium eine entsprechende Information der Bürgerinitiative in Klein Jasedow. Diese Proben stammen von Blutentnahmen, die bis zum Mittwoch ärztlich veranlasst wurden. Daraufhin sei ebenfalls die Untersuchung der zwölf Proben, die am Donnerstag abgegeben wurden (OZ berichtete), veranlasst worden. Ergebnisse seien frühestens am Freitag zu erwarten. Auch die jetzt positiv getestete Probe werde noch einmal analysiert. Es könnten noch keine Aussagen über die Auswirkungen des Pflanzenschutzmittels Brasan auf den menschlichen Stoffwechsel gemacht werden.

Ostseezeitung: 02.10.2001

Rückstände des Pflanzenschutzmittels Brasan im Blut gefunden

Schwerin (ddp). In einer der sieben Blutproben aus der ostvorpommerschen Gemeinde Klein Jasedow sind Rückstände des Pflanzenschutzmittels Brasan gefunden worden. Bei einer Person sei die Nachweisgrenze von 0,1 Mikrogramm Brasan pro Liter überschritten worden, sagte ein Sprecher des Sozialministeriums. Es können noch keine Aussagen über die Auswirkungen auf den Stoffwechsel gemacht werden. In der Gemeinde waren Blutproben von Einwohnern genommen worden, nachdem Fehler beim Ausbringen des Herbizids Brasan durch einen Landwirtschaftsbetrieb festgestellt worden waren.

Seit Anfang September klagen einige Bewohner häufig über Kopfschmerzen und Hautausschläge insbesondere bei Kindern. Dorfbewohner vermuten einen Zusammenhang mit dem Einsatz des Herbizids in der Umgebung. Hersteller Syngenta Agro und das Rostocker Landesgesundheitsamt schließen eine toxische Gesundheitsgefährdung aus.

Nordkurier 02.10.2001

Protest gegen Andiel
Pulower initiieren Dienstaufsichtsbeschwerde

Pulow (EB/as). In Pulow hat sich eine weitere Bürgerinitiative gegründet. Die „Bürgerinitiative der Gemeinde Pulow“ will heute Abend zusammenkommen, um unter anderem eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen ihren Bürgermeister Matthias Andiel auf den Weg zu bringen. „Er hat sich in der Brasan-Geschichte nicht für die Belange und Interessen der Gemeinde eingesetzt, sondern nur für die ökologische Initiative“, meinte gestern eine Sprecherin. Zudem habe er zugesagt, nach der Pressekonferenz am Mittwoch eine klärende Einwohnerversammlung einzuberufen. „Daran wollte er sich später nicht mehr erinnern“, sagte sie.

Nordkurier: 02.10.2001

Minister trifft Bürgerinitiative

Schwerin (dpa). Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD) will sich am Donnerstag in Schwerin mit der Bürgerinitiative „Ökologische Gemeinde Pulow“ (Kreis Ostvorpommern) treffen. Die Initiative hatte sich nach dem unsachgemäßen Ausbringen des Pflanzenschutzmittels Brasan an den Minister gewandt. Er nehme die Sorge ernst, wolle aber die Diskussion versachlichen und den Schaden von der Landwirtschaft der Region abwenden, sagte Backhaus gestern.

Bauernstimme: 10/2001

Herbizidskandal

Viel Wirbel hat die unsachgemäße Anwendung eines Vorauflaufmittels für Raps in Ostvorpommern verursacht. Ein Mitarbeiter der Peeneland Agrar GmbH hatte das Herbizid „Brasan“ bei zu starkem Wind auf rund 800 ha in zu großer Entfernung zum Boden gespritzt. In den nächsten klagten Anwohner des inmitten der Rapsfelder gelegenen Dorfes Pulow über Atemwegsbeschwerden. Pflanzen in den Hausgärten und auf den Feldern eines Öko-Kräuterbetriebes zeigten Schädigungen. Inzwischen rät das Pflanzenschutzamt den Einwohnern ab, ihr Obst und Gemüse zu verzehren, dieser Empfehlung schließt sich auch der Herbizidhersteller Syngenta an. Ebenso will sich das Amt dafür einsetzen, dass Brasan von der Liste der zugelassenen Herbizide gestrichen wird.

Auch Landwirtschaftsminister Backhaus will schärfere Kontrollen. Brasans Giftigkeit ist schließlich irreversibel eingestuft.

Dem geschädigten Öko-Kräuterbetrieb droht neben dem Ernteverlust der Melisse eine Verzögerung der Öko-Anerkennug bei Anbauverband Gäa. Mitglieder der Bürgerinitiative „Ökologische Gemeinde Pulow“ können nur noch zynisch feststellen, dass die Peeneland Agrar GmbH für ihren abgetrennten Biopark-Schafbetrieb auch noch Förderung kassieren.

ms

Ostsee-Anzeiger: 4.10.2001

Biobauern befürchten Pleite
Brasan-Einsatz wird für Gesundheitsprobleme und Pflanzenschäden verantwortlich gemacht

Ostvorpommern – Was als Konflikt zwischen dem Kräutergarten Pulow und der Peeneland Agrar GmbH Hohendorf begann, hat inzwischen weitaus umfangreichere Dimensionen angenommen. Zunächst ging es vor allem um ein Feld von Zitronenmelisse, das durch das Ausbringen des Pflanzenschutzmittels Brasan durch die Peeneland Agrar GmbH offensichtlich geschädigt wurde. Aber auch die Kleingärtner um Lassan hatten gelblich-weiße Verfärbungen an ihren Beständen feststellen müssen. Nicht nur Schäden an den Pflanzen wurden beobachtet, sondern Einwohner der Gemeinde Pulow klagten auch über Symptome wie Übelkeit, Durchfall, Kopfschmerzen und Fieber. Die zuständigen Ämter wurden verständigt, Bodenproben entnommen und aus Vorsicht empfohlen, auf den Verzehr betroffener Früchte und Pflanzen zu verzichten. Dieser erste bekannt gewordene Fall hat eine ganze Lawine von weiteren Beobachtungen ans Tageslicht gebracht. Insgesamt wurden in Mecklenburg-Vorpommern über 30 Fälle von verdorbenen Pflanzen bekannt. Zu den Betroffenen gehört auch der Steinfurther Biobauer Willy Götz mit seinem Kapellschen Hof. Nach ersten eigenen Schätzungen ist ihm ein Schaden von 158 000 Mark durch das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln auf benachbarten Feldern entstanden. Hauptproblem: die gesamte Produktion – und jetzt ist bekanntlich Erntezeit – ist nicht mehr mit dem Siegel „kontrolliert biologischer Anbau“ verkaufbar. „Mit einem Schlag ist alles zunichte gemacht“, ist Willy Götz ratlos. An ein Erntedankfest sei in diesem Jahr wahrlich nicht zu denken. Auch Götz hatte sich in der vergangenen Woche zur Pressekonferenz ins Papendorfer Gutshaus begeben. An einen Tisch geholt hatten dort der Pulower Bürgermeister Mathias Andiel und die kürzlich gegründete Bürgerinitiative „Ökologische Gemeinde Pulow“ (= Bürgerinitiative Landwende) betroffene Landwirte und Biobauern, Vertreter der zuständigen Ämter aus Landes- und Kreisebene sowie einen Vertreter der Pflanzenschutzmittelfirma Syngenta. Bevor es zu einem sachlichen Gedankenaustausch kommen konnte, wurden vor dem Papendorfer Gutshaus zunächst noch weitere Konflikte deutlich. Die Gemeinde Pulow ist spätestens durch den Herbizid-Vorfall in zwei Lager gespalten: in Befürworter und Gegner des ökologischen Anbaus. Aufgebrachte Bürger und Mitarbeiter der Peeneland GmbH Hohendorf wollten auf jeden Fall Mitspracherecht haben und forderten daher – auch teilweise unter Einsatz von Körperkraft – Eintritt in die Versammlung, die eigentlich zur Information der Medien gedacht war. Schließlich wurden einigen Protestlern Einlass gewährt. Die gegenseitige Information und gemeinsame Lösungsfindung nannte der Vizebürgermeister Pulows, Johannes Heimrath, als vorrangige Ziele der Versammlung. Vertreter des Landespflanzenschutzamtes teilten aufgrund der vorgenommenen Untersuchungen mit, dass die durch Brasan verursachten Pflanzenschäden keine gesundheitlichen Konsequenzen für die Menschen nach sich ziehen würden. Trotzdem werden die aufgetretenen Beschwerden der Pulower ernstgenommen. Dr. Doris-Christa Wessel vom Kreisgesundheitsamt bot den Bürgern eine Extra-Sprechstunde an, die am vergangenen Donnerstag von elf Einwohnern in Anspruch genommen wurde. Ein Toxikologe der Rostocker Universität untersucht die Blutproben.

Bedrohlich ernst sieht die Lage für die Biobauern selbst aus. Viele stünden praktisch vor dem Ruin, befürchtet Markus Maaß, Geschäftsführer des Greifswalder Naturkostladens. Zwar habe das Landwirtschaftsministerium bei Untersuchungen des Gemüses von Ökobauern keine Belastung festgestellt, die Öko-Lizenz ist aber weg. Außerdem, so Maaß, stehen die Bodenproben noch aus. Um wieder ökologisch anerkannt wirtschaften zu können, müsse wohl eine dreijährige Wartefrist eingehalten werden. Diese Zeit kann ein Ökohof mit seinem Personal und Wirtschaftsmethoden finanziell nicht überbrücken. Und wer bezahlt nun die Zeche? Das Herbizid ist offiziell zugelassen, die Anwender versichern, keine Fehler gemacht zu haben – Windgeschwindigkeit, Temperatur und Aufwandsmenge hätten sich im Limit befunden, versichert das Landespflanzenschutzamt. Ein langer Rechtsstreit steht möglicherweise ins Haus. Vage Hoffnung wäre nur die Haftpflichtversicherung der Verursacher, meint Maaß und sieht auch da allerdings real kaum eine Chance. Die Not der Biobauern ein wenig lindern könnten nur noch ihre treuen Kunden, die das nicht belastete Ökogemüse ohne Zertifikat anerkennen müssten.

(Bre./We.)

Nordkurier: 4.10.2001

Umstrittener Einsatz der Herbizide

Zu den Berichten über die Anwendung von Herbiziden schrieben mehrere Leser ihre Meinung:

Oft andere Prioritäten

Was Unkrautvernichtungsmittel anrichten können, geht aus dem Artikel hervor. Auf Experten, die eine akute Gesundheitsgefährdung bei dem Einsatz von Herbiziden ausschließen, können wir aber getrost verzichten. Wenn Menschen bei Verzehr betroffener Lebensmittel mit Kopfschmerz, Hautreizungen, Durchfall, Fieber und anderen Symptomen reagieren, so sind das zu deutliche, nicht zu widerlegende Tatsachen, denen wir uns als Verbraucher nicht entziehen sollten.

Im Ökolandbau wird auf den Einsatz von Herbiziden verzichtet. Der Verbraucher kann sich sicher sein bei Bioprodukten aus dem Bioladen oder einzelnen Einkaufsketten, die mittlerweile auch Produkte aus dem Bioanbau führen, daß er wirklich natürliche Lebensmittel erhält, die auch ohne künstliche Aromen, Konservierungsmittel, Bestrahlung und BSE auskommen. Nur leider werden oft andere Prioritäten vom Verbraucher gesetzt, als sich wirklich gesund zu ernähren.

Ich rate jedem Verbraucher, doch einmal den Preis- und Geschmacksvergleich von Bioprodukten mit herkömmlichen Lebensmitteln zu machen.

Detlef Ahlgrimm, Klein Trebbow

So ist niemandem gedient

Zum Beitrag „Krieg um Kräutergärten und giftige Chemie“ in unserer Ausgabe vom 28.9.2001:

So eine Überschrift kann ich nicht einfach so hinnehmen. Wie kann ein Journalist, der des öfteren vor Ort war und zudem inzwischen Kontakt zu Menschen hier hat und sich mit der Sache auseinandersetzt, ein solches Wort in diesem Zusammenhang verwenden. Ich meine das Wort „Krieg“.

Besonders makaber in einer Zeit, in der alle Welt bereits von einem möglichen Weltkrieg redet, finde ich es unmöglich, einen Konflikt zwischen der herkömmlichen Landwirtschaft und Öko-Bauern so zu titulieren.

Und das während sich alle Menschen in dieser Gemeinde um ein friedliches Miteinander bemühen, versuchen, Meinungsverschiedenheiten und grundsätzlich verschiedene Lebenseinstellungen dennoch unter einen Hut zu bekommen. Niemandem ist damit gedient, die Kluft zwischen verschiedenen Parteien noch zu vergrößern.

M. Hoffmann, Pulow

Nordkurier: 4.10.2001

Bürgerinitiative tagt „geheim“

Lassan/Pulow (EB/as). Die neue „Bürgerinitiative der Gemeinde Pulow“, die sich am Dienstagabend in Lassan zusammenfand, tagte geheim. Man werde „zu gegebener Zeit“ an die Öffentlichkeit treten, meinte gestern eine Sprecherin nur.

Nordkurier: 4.10.2001

Angemerkt:
Nichts zu verbergen

„Hier findet eine private Geburtstagsfeier statt“, so dreist und ungeschickt tarnte ein Türsteher die konstituierende Sitzung der neuen „Bürgerinitiative der Gemeinde Pulow“ irgendwo am Rande Lassans. Mit dieser lächerlichen Lüge verwehrte der Waschower am Dienstagabend unliebsamen Gästen den Zutritt. Urplötzlich vergessen waren Einladung und Wegbeschreibung für den Mann von der Presse. Man wollte seine Wäsche dann doch lieber im stillen Kämmerlein waschen. Ungeachtet dessen, dass es viele andere Gemeindeanwohner – Gegner, aber natürlich auch Sympathisanten – gibt, die an der Bürgergemeinschaft mit dem Ziel, Bürgermeister Matthias Andiel abzulösen, interessiert sind.

Krass ist der Unterschied zur Öffentlichkeitsarbeit der erklärten „Gegenseite“ – Andiel und die Öko-Initiative, die sich nun „Landwende“ nennt. In den vergangenen Wochen gingen sie wahrhaft offensiv an die Öffentlichkeit. Kamerateams, Radio-Journalisten und auch die schreibende Zunft gaben sich in die Klinke in die Hand. Drei Homepages informieren inzwischen über Pulow und Brasan.

Zu verbergen dürfte die neue Bürgerinitiative doch nichts haben. Seit elf Jahren ist es endlich ein vollkommen legitimer und demokratischer Vorgang, Kritik an einem Mandatsträger wie Andiel zu üben. Vielleicht haben elf Jahre aber immer noch nicht bei allen zum Verständnis dessen gereicht, dass Öffentlichkeit und Transparenz ganz entscheidende Bestandteile von Demokratie sind. Denn nur informierte Bürger sind mündige Bürger.

von Andreas Segeth

Ostseezeitung: 05.10.2001

Leserbrief
Gedanken zum Erntedankfest und zu einem Konflikt

Ursel Schulz, Geschäftsführerin der Marktfrucht GbR Mahlzow, hat ihre Gedanken zum Erntedankfest aufgeschrieben:

Gegenwärtig finden vielerorts die Erntedankfeste statt. So richtig Freude über die diesjährige Ernte will bei mir nicht aufkommen. Es liegt nicht daran, dass wir aufgrund der vielen Regenfälle mit den Feldarbeiten arg in Verzug geraten sind, so stehen auf unseren Flächen noch etwa 90 Hektar Öllein zur Aberntung an und die Wiederbestellung der Felder bereitet auch große Schwierigkeiten. Nein, das ist es nicht. Mich bewegt der so genannte Pulower Konflikt. Was für ein Spiel wird hier eigentlich getrieben? Am 26. September bin ich nach Papendorf gefahren, um an der Pressekonferenz teilzunehemen. Der Zutritt wurde mir allerdings durch die Herren Andiehl und Heimrath verwehrt, mit dem Hinweis, dass ich nicht ökologisch produziere. Als Landwirtin, Geschäftsführerin der Marktfrucht GbR Mahlzow und als Mitglied des Vorstandes des Bauernverbandes Anklam war ich eine unerwünschte Person. Auch der Vorsitzende des Bauernverbandes Greifswald, Herr Marquardt, bekam keinen Zutritt. Soviel zum Vorwurf des Bürgermeisters der Gemeinde Pulow, siehe OZ vom 29.9.2001, dass sich der Bauernverband bisher nicht zu der Problematik geäußert hätte. Auf der Suche nach Antworten wurde ich in der „Dokumentation zur Pressekonferenz“ fündig. Durch die Autoren, Andiehl, Heimrath und andere, wird ein Schreckensszenario gemalt von einer Agrarwüste, die die dörflichen Siedlungen umzingelt, und es wird behauptet, dass die Menschen das Land nur noch als auszubeutendes Substrat für genetische Nutzpflanzen ansehen. Gleichzeitig wird ein Feinbild mitgeliefert: die „Agrodiktatur“ und im konkreten Fall die Peeneland Agrar GmbH mit ihrem Geschäftsführer Bernhard Kowolik. In einer der Eigenwerbung dienenden anderen Schrift „Das Klanghaus am See“ wird durch die Gemeinde und die Europäische Akademie der Heilenden Künste, deren Präsident Herr Heimrath ist, die besondere Naturschönheit des Gemeindegebietes gepriesen, die reizvolle Landschaft und die weitgehend unverfälschte Natur hervorgehoben. Wie passt das zusammen? Sollen hier eigene handfeste wirtschaftliche Interessen unter dem Deckmantel der Ökologie durchgesetzt werden, nachdem die Landwirtschaft als Ganzes und die Peeneland GmbH im Besonderen auf das schäbigste diffamiert werden? Für uns als Landwirte kann es nur eine Antwort geben: Schluss mit dem Schreckensszenario! Wir lieben unser Land und wollen hier leben und arbeiten und das auch in Zukunft!

Leserbrief
Wie in einem völlig falschen Film geraten

Sabine Schulz aus Karlshagen ist Studentin der Agrarökologie und auch sie bewegt der Konflikt in und um Pulow:

In vielen Artikeln, in denen es um den „Herbizid-Vorfall“ geht, wird der Leser immer wieder mit einem Begriff konfrontiert: Gift. Wird sich der Leser nun nicht fragen: Warum setzen Landwirte so etwas ein? Weiterhin wird in einem Artikel der Begriff „Kontamination“ verwendet. Die herkömmliche Landwirtschaft wird doch so als Umwelt und Gesundheit schädigend dargestellt. Mit solchen Zeilen erhält man in der Breite der Bevölkerung eine große Ablehnung gegen diese landwirtschaftlichen Unternehmen und gegen die Landwirtschaft allgemein. Ein Landwirt, der integrierten Landbau betreibt, arbeitet ebenso in der Natur, er erzeugt preiswerte und gute Lebensmittel, die Boden und Umwelt schonend produziert werden. Am 26. September fuhr ich nach Papendorf, wo eine Pressekonferenz stattfand, um mehr über den Herbizid-Vorfall und die Konflikte, die dort bestehen, zu erfahren. Leider musste ich, wie viele andere auch, die anscheinend nicht erwünscht waren, vor verschlossenen Türen stehen. Mir wurde als Studentin der Agrarökologie der Zutritt verwehrt, von einem Bürgermeister, der sich als Türsteher produzierte, so wie ich es von früheren Diskobesuchen her kenne, und der sogar handgreiflich wurde. Anscheinend hatte ich immer falsche Vorstellungen von einem Bürgermeister. Es schien mir, als wenn ich in einem völlig falschen Film geraten wäre. In den vier Stunden, die ich draußen vor der Tür mit vielen anderen Menschen gewartet habe, stellte ich fest, dass es hierbei nicht um den Herbizid-Vorfall ging, sondern dass Menschen in die Gemeinde Pulow gezogen sind, die unter dem Vorwand der Ökologie eine, wie mir scheint, sehr fragwürdige Ideologie und Weltanschauung verbreiten und versuchen, alles um sich herum, was ihnen nicht passt, zu zerstören.

Ostseezeitung: 05.10.2001

Schwerin vermittelt im Brasan-Streit

Schwerin (ddp). Im Streit um den Einsatz des Unkrautvernichtungsmittels Brasan in Ostvorpommern glätten sich die Wogen. Ökologisch und konventionell wirtschaftende Betriebe müssten besser zusammenarbeiten, erklärten Agrarminister Till Backhaus (SPD) und Vertreter der Bürgerinitiative „Landwende“ nach einem Treffen in Schwerin. Sein Ministerium wolle eine Moderatorenrolle einnehmen, sagte Backhaus. Notwendig sei eine Versachlichung der Diskussion. Bislang hätten die angestellten Tests keine Brasan-Konzentrationen oberhalb der vorgeschriebenen Grenzwerte ergeben, betonte Backhaus. Nur bei einer von sieben Blutproben sei das Herbizid nachgewiesen worden, aber auch dort nur in sehr geringer Menge. Durch die Anwendung der Chemikalie sei es zu keiner Gesundheitsgefährdung gekommen.

Ostseezeitung: 05.10.2001

Pulower Gemeinde ist nach Gründung zweiter Bürgerinitiative total gespalten

Waschow. Von Harmonie kann in der Gemeinde Pulow keine Rede sein: Nach dem Brasan-Vorfall, öffentlichen Beschwerden von betroffenen Einwohnern sowie Gründung der Bürgerinitiative „Ökologische Gemeinde Pulow“ baut sich eine Front auf. Über 60 Einwohner haben Dienstag eine Bürgerinitiative unter Leitung des Waschowers Hans-Jürgen Goetz gegründet, mit der sie ebenfalls ein Zeichen setzen wollen, sagte Renate Bliese aus Waschow: „Wir gehen nicht konform mit der Ökologischen Gemeinde und glauben, dass sich die Kampagne mit dem Brasan-Mittel in erster Linie gegen die hiesige Landwirtschaft richtet.“ Diese sei den Vereinen ein Dorn im Auge, wie aus deren Konzepten ersichtlich sei. Man strebe gegen Bürgermeister Andiehl, dessen Stil seit Jahren kritikwürdig sei, eine Dienstaufsichtsbeschwerde an. Beschwert habe man sich auch bei Landwirtschaftsminister Till Backhaus, vorbereitet wird ein offener Brief an Landrätin Dr. Syrbe.

Ostseezeitung: 05.10.2001

Bürgermeister Andiel: Ministerium bietet Konflikthilfe und Pilotprojekt an

Pulow. „Das Landwirtschaftsministerium will Vorort moderierend helfen, um den Konflikt in der Gemeinde zu lösen und hat Unterstützung zugesagt, ein Pilotprojekt ökologischer und konventioneller Landwirtschaft zu installieren“, berichtete gestern Bürgermeister Andiehl im Anschluss an die mehrstündige Unterredung mit Landwirtschaftsminister Backhaus und Experten in Schwerin. Sowohl der Gemeindechef als auch Johannes Heimrath, Sprecher der Bürgerinitiative „Ökologische Gemeinde“, sprachen von einer „sachlichen und konstruktiven Gesprächsatmosphäre“. Zu Sprache kam auch der Brief der neu gegründeten Bürgerinitiative, den Backhaus verlesen hatte. Heimrath deutete dies und den Inhalt als positives Zeichen: „Die Leute sind wachgerüttelt, wollen sich einbringen.“ Dazu soll auch die für nächste Woche geplante Einwohnerversammlung dienen. Eine Gesundheitsgefahr durch Brasan schloss Schwerin aus, die Symptome nehme man aber ernst.

Nordkurier: 05.10.2001

Bei Herbizid-Diskussion Sachlichkeit angemahnt
Bauerverband spricht sich für Aufklärung aus

Neubrandenburg (dpa). Nach dem unsachgemäßen Herbizid-Einsatz in Ostvorpommern hat sich der Landesbauernverband für mehr Sachlichkeit und verstärkte Information ausgesprochen. „Wo produziert wird, können auch Fehler vorkommen“, sagte Hauptgeschäftsführer Wolfgang Jaeger gestern. Der Verband sei für eine umfassende Aufklärung, um Wiederholung auszuschließen. Nach dem Einsatz des Unkrautbekämpfungsmittels Brasan auf Rapsschlägen waren in Ostvorpommern auf anderen Feldern und in Gärten Pflanzen abgestorben. Menschen klagten unter anderem über Übelkeit. Insgesamt wurden 57 Fälle im Land überprüft. Mecklenburg-Vorpommern mit über 200 000 Hektar Rapsanbaufläche könne auf das Pflanzenschutzmittel nicht verzichten, sagte Jaeger. Die Anwender müssten jedoch ihrer Verantwortung genügen und die gute fachliche Praxis beherrschen. Im Streit um den Herbizid-Einsatz will das Agrarministerium Einvernehmen zwischen Öko-Bauern und konventionellen Landwirten herstellen. Nach einem Gespräch mit Vertretern der Bürgerinitiative „Ökologische Gemeinde Pulow“ plant Minister Till Backhaus (SPD) der zerstrittenen Einwohner nun an einen Tisch bringen.

Nordkurier: 6.10.2001

Bemühungen um Einklang in Pulow
Kräutergarten verliert als einziger die Zulassung

Pulow (EB/as). Im Papendorfer Gutshaus wird es am kommenden Dienstag eine Einwohnerversammlung geben, kündigte Bürgermeister Matthias Andiel gestern an. Während dieser soll auf die jüngsten Ereignisse und Spannungen in der Gemeinde seit dem Brasan-Unfall von Anfang September eingegangen werden. Er hofft, dass die „Bürgerinitiative für die Gemeinde Pulow“ vertreten sein wird. Die Zeichen dafür stünden gut, denn die neue Initiative habe in einem Schreiben an Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) zum Ausdruck gebracht, den Frieden im Dorf suchen und mit den bisher engagierten Bürgern zusammenarbeiten zu wollen, so Andiel.

Zudem ist bei dem Donnerstagstermin im Ministerium (wir berichteten) Einigung darüber erzielt worden, dass kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verwendung von Brasan auf den Raps-Flächen rund um Pulow und den aufgetretenen Gesundheitsbeschwereden in Klein Jasedow bestehe.

Das äußerten gestern übereinstimmend Matthias Andiel und die Pressesprecherin des Landwirtschaftsministeriums, Marion Zinke. Gerade in diesem Punkt wurde die Kritik der „Bürgerinitiative für die Gemeinde Pulow“ in dem Sinne laut, dass die Krankheitssymptome nur in jenem kleinen Kreis auftreten würden, der die konventionelle Landwirtschaft „verdammen“ wolle.

Marion Zinke kündigte gestern an, dass künftig „verantwortliche Mitarbeiter“ des Ministeriums Gespräche mit Behörden und Einwohnern führen wollen, um den Einklang in der Gemeinde wiederherzustellen. „Wie schwer das sein wird, wird man sehen“, so Zinke.

Mittlerweile hat Backhaus versucht, bei den Kontrollstellen für ökologischen Landbau die Aberkennung von Öko-Zertifikaten zu vermeiden. Als einzigem sei dem Kräutergarten Pulow die Zulassung dennoch entzogen worden, sagte der Minister.

Ostseezeitung: 6.10.2001

Blutprobe unklar für Brasan-Firma

Pulow. „Wir können uns nicht erklären, warum in einer der Blutproben der Brasan-Anteil über der Nachweisgrenze liegt“, erklärte gestern Peter Hefner, Sprecher der Sygenta Agro AG, die das umstrittene Pflanzenschutzmittel Brasan herstellt. Diesbezüglich habe das Unternehmen nun eigene Recherchen angestellt, eine Gesundheitsgefährdung gehe von Brasan aber nicht aus, für Montag wurde ein Erklärung angekündigt.

Ostseezeitung: 09.10.2001

Tacheles heute in Papendorf

Pulow. Im Papendorfer Gutshaus wird am heutigen Abend Klartext geredet: Aufgrund der jüngsten Vorkommnisse (u.a. Brasan-Vorfall) in der Gemeinde lädt Bürgermeister Matthias Andiel um 19.30 Uhr zu einer Informationsveranstaltung ein. „Wir wollen sachlich die aktuellen Probleme beraten, angestaute Fragen sollen beantwortet werden.“ Der Gemeindechef hofft, dass Emotionen nicht die Oberhand gewinnen und sich die neue Bürgerinitiative klar mit ihren Erwartungen äußert.

Ostseezeitung: 09.10.2001

Keine Clomazone-Reste

Maintal/Pulow. Herbizid-Hersteller Syngenta Agro GmbH sieht seine bisherigen Aussagen bestätigt: Das Institut Fresenius habe bei seinen Untersuchungen von Bodenproben, die auf Bitten des Öko-Bauern Wilfried Götz aus Steinfurth analysiert worden seien, keine Clomazone-Rückstände festgestellt. Syngenta vermöge, so heißt es weiter in einer gestern verbreiteten Pressemitteilung, einen Zusammenhang zwischen dem einzig vorliegenden Clomazone-Fund aus Klein-Jasedow und einer vier Wochen zuvor erfolgten Herbizid-Behandlung nicht herzustellen. Alle Studien zum Verhalten des Wirkstoffes im Organismus zeigten, dass Clomazone bereits in 48 Stunden gänzlich abgebaut bzw. ausgeschieden werde. Weitere Untersuchungen würden belegen, dass sich Clomazone auch nicht im Körper anreichere. Weiteren Aufschluss würden die noch ausstehende B-Probe sowie das Gesamtergebnis aller genommenen Blutproben bringen. Eine Gesundheitsgefährdung werde ausgeschlossen.

Nordkurier: 09.10 2001

Erste Bodenproben erweisen sich als Brasan-frei
Biobauer Götz reduziert Schadenserwartung auf 200 000 Mark

Ostvorpommern/ Maintal (EB/as). Der Brasan-Hersteller Syngenta teilte gestern erste Untersuchungsergebnisse von Bodenproben des Götz’schen Biohofes in Steinfurth mit. Die Proben seien am 25. September gezogen und vom Fresenius-Institut in Taunusstein analysiert worden. „Fresenius konnte keine Clomazonen-Rückstände in den Bodenproben nachweisen“, stellte Syngeta-Sprecher Peter Hefner fest. Analyseergebnisse der Pflanzenproben erwarte das Unternehmen in den nächsten Tagen. Bio-Bauer Wilfried Götz wartet zudem auf Ergebnisse von Bodenproben, die eine Woche früher gezogen wurden. Ein Kieler Labor werde das Resultat in diesen Tagen mitteilen. Der Schaden reduziere sich mithin von den erwarteten 750 000 Mark auf etwa 200 000 Mark. Denn die Ernte von September bis zum 30. November sei nicht mehr ökologisch zertifiziert, sagte Götz.

Ostseezeitung: 10.10.2001

Standpunkte prallen aufeinander
Bürger der Gemeinde Pulow stritten gestern in Papendorf

Pulow. Der Herbizid-Unfall im September ist nicht die Ursache für die emotionsgeladenen Konflikte in der Gemeinde. Vielmehr macht er als Auslöser die jahrelang währenden Spannungen zwischen den Einwohnern nun auch öffentlich deutlich: Dies wurde bei der gestrigen, mehrstündigen Info-Veranstaltung im Papendorfer Gutshaus klar, an der 100 Bürger teilnahmen. Die teils extrem unterschiedlichen Standpunkte prallten oft heftig aufeinander, von Sachlichkeit und Bereitschaft, dem Redner zu zuhören, häufig keine Spur. Die neue Bürgerinitiative behauptete, die „Panikmache“ diene allein dazu, der Peeneland GmbH zu schaden. Dem widersprach u.a. Caroline Remy, in deren Blutprobe Brasan nachgewiesen wurde. Sie schilderte die Krankheitssymptome ihrer zweijährigen Tochter: „Die Ursache für den Hautausschlag finden die Ärzte nicht, ich wäre aber froh, wenn ich etwas unternehmen könnte.“ Diese Betroffenheit schien auf Verständnis zu stoßen, wobei viele Bürger die Reaktionen in der Öffentlichkeit als überhöht kritisierten. „Es tut mir leid, dass in der ersten Aufregung überzogene Töne laut wurden“, entschuldigte sich Christine Simon. Manfred Engel (Peeneland), lenkte auch ein: „Wir müssen nebeneinander arbeiten, dass muss möglich sein.“ Andy Neumann traf den Nerv vieler: „Die Jasedower Gruppe und Gemeindevertreter haben sich von den Bürgern gelöst, arbeiten an den Interessen der Leute vorbei, das hinterfragt selbstkritisch.“

Ostseezeitung: 10.10.2001

Keine Rückstände von Brasan in Blutproben

Schwerin (dpa) Der Unfall mit dem Unkrautvernichtungsmittel Brasan Ende August in Ostvorpommern hat keine nachweisbaren Spuren im Blut von Bewohnern hinterlassen. Dies hätten Untersuchungen an der Rostocker Universität ergeben, teilte das Sozialministerium mit. Auch die Probe, bei der in einer ersten Analyse Brasan Rückstände gefunden worden waren, bei einer Nachkontrolle negativ ausgefallen. Damit stehe fest, dass die Bevölkerung nicht gefährdet gewesen sei. Brasan war in Klein Jasdeow auf einem Rapsfeld ausgebracht worden und durch unsachgemäßen Umgang auch in umliegende Gärten gelangt.

Nordkurier: 10.10.2001

Kein Nachweis von Herbiziden im Blut
Sozialministerium: Einsatz von Unkrautbekämpfungsmittel ohne gesundheitliche Gefährdung

Schwerin (dpa). Durch den unsachgemäßen Einsatz des Unkrautbekämpfungsmittels Brasan bestand und besteht nach Angaben des Sozialministeriums keine Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung. Spuren der Wirkstoffe seien im Blut von Einwohnern der Gemeinde Pulow (Kreis Ostvorpommern) nicht festgestellt worden, teilte das Ministerium gestern mit. Eine Blutprobe sei bei ersten Untersuchungen zwar positiv gewesen, die Belastung mit Clomazone und Dimethachlor habe jedoch keine toxische Relevanz gehabt. Die Nachkontrolle habe keinen Nachweis mehr ergeben. Insgesamt waren 20 Blutproben genommen worden. Nach dem Einsatz von Brasan auf Rapsschlägen einer Agrar GmbH waren im September in Ost- und Nordvorpommern auf Öko-Flächen und in Gärten Pflanzen abgestorben. Menschen klagten über Übelkeit, Fieber, Kopfschmerzen und Hautausschlag (Nordkurier berichtete). Nach Angaben des Geschäftsführers der Naturkost Vorpommern GmbH, in Greifswald, Markus Maaß, wurde mindestens fünf Öko-Betrieben in Vorpommern das Bio-Zertifikat für die aktuelle Ernte aberkannt. Erste Untersuchungen haben dem Biobauern Willy Götz aus Steinfurth zwar keinen Wirkstoffnachweis im Boden und im Gemüse ergeben, dennoch sei auch der unbeabsichtigte Pestizid-Einsatz bei Bio-Produkten unzulässig. Alles, was bis zum 30. November geerntet werde, müsse er als nicht zertifiziert anbieten, sagte Götz. In der dritten Woche ohne Einnahme stehe sein Hof vor einer schwierigen Situation.

Ostseezeitung: 11.10.2001

Leserbrief
Wir haben keinen Ärger mit Peeneland

Cordula Keulig aus Waschow ist entsetzt darüber, was sich seit geraumer Zeit in ihrer Heimatgemeinde abspielt:

Ich bin in dieser Gemeinde geboren und aufgewachsen. Bei uns gab es immer die Landwirtschaft. Aber was sich jetzt hier abspielt, ist unvorstellbar. Vor einiger Zeit sind Leute in unsere Gemeinde gezogen, die Unruhe mitgebracht haben. Auf den angeblichen Giftskandal haben sie doch bloß gewartet. Man muss sich das mal richtig anschauen, wo diese Leute ihre angeblichen Kräutergärten bestellen. Sie haben Gärten in jedem Dorf der Gemeinde, wo die großen Flächen von Peeneland angrenzen, so dass es vorprogrammiert ist , dass irgendwas passiert. Keiner von den einheimischen Bürgern, die hier schon lange leben, hat Anzeichen einer Vergiftung, z. B. Ausschlag, Durchfall usw., von uns ist keiner erkrankt. Nicht die Gemeinde hat Ärger mit Herrn Kowolik, sondern diese Leute und der Bürgermeister, die hier noch nicht lange wohnen. Wir sind mit der Landwirtschaft aufgewachsen und hier war immer Landwirtschaft. Die meisten Bürger sind froh darüber, dass Herr Kowolik und seine Mitarbeiter diese Flächen bearbeiten. Besonders verwerflich finden wir den Brief von Herrn Schilk, in dem er sich gegen die Anlage in Waschow wendet. Die einheimischen Bürger aus Waschow, wo dieses Monstrum, wie Herr Schilk es nennt, Arbeitsplätze geschaffen hat, stört der Lärm nicht, auch nicht der von den Traktoren und Lastern, das gehört nun mal zur Landwirtschaft. Wenn Herr Schilk meint, dass er kein richtiges Landleben mehr hat, hätte er nicht hierher ziehen sollen, dann müssen er und andere, die es auch stört, sich eine einsame Insel suchen, wo sie ganz allein sind und es keine Landwirtschaft gibt. Wie nun nachgewiesen wurde, sind auch keine gesundheitlichen Schäden und somit auch keine unzulässige Vergiftung des Bodens auftreten.

Leserbrief
Verständnis statt Abwehr und Unterstellungen

Christine Simon aus der Gemeinde Pulow äußert sich zu den Leserbriefen von Ursel Schulz und Sabine Schulz (OZ vom vergangenen Freitag):

Auch mich bewegt der Konflikt in Pulow, vermutlich noch mehr als die beiden Schreiberinnen, da ich – im Gegensatz zu ihnen – in der Gemeinde selbst lebe. Mich bestürzen die Statements von Ursel und Sabine Schulz, da sie anscheinend jede positive Bemühung vieler hier ansässiger Menschen zunichte machen wollen. Es ist mehr als unlauter, engagierte Bürger der Gemeinde, die neben ihrem Broterwerb noch täglich ehrenamtliche Arbeit leisten, die der Gemeinde zugute kommt, dahingehend zu diffamieren, dass sie eigennützig alles um sie herum zerstören würden. Um es klar zu stellen: Die Pressekonferenz war eine Veranstaltung der neu gegründeten Bürgerinitiative, um die Vorgänge um den Brasan-Fall öffentlich zu machen. Als ich mich an jenem Morgen dem Papendorfer Gutshaus näherte, sah ich mich einer aggressiven Menge ausgesetzt, die unsere zwei Bürgermeister heftig beschimpfte. Den beiden blieb nichts anderes übrig, als um Verständnis dafür zu bitten, dass dies weder eine öffentliche Veranstaltung noch eine Einwohnerversammlung sei und man nicht alle Menschen hinein lassen könne. Die Atmosphäre, die von dieser Menge ausging, war so unkooperativ, dass die Pressekonferenz nicht hätte stattfinden können, hätte man Tür und Tor geöffnet. Was jetzt hier in unserer Gemeinde geschieht, ist kein Spiel. Wir können uns entweder in Streit und Leid verstricken oder aber alle positiven Kräfte nutzen, um unsere Gemeinde zum Aufblühen zu bringen. Die Sorge vieler Bürger um ihre Gesundheit oder der Kummer um die verlorene Ernte sollten Aufmerksamkeit und Verständnis nach sich ziehen statt Abwehr und hässlicher Unterstellungen. Es ist ein verheerendes Missverständnis, dass diese Bürgerinitiative darauf abziele, Arbeitsplätze in der Peeneland Agrar GmbH zu gefährden oder hiesigen Landwirtschaft den Garaus zu machen. Jeder von uns weiß, wie sehr es in unserer Region darauf ankommt, Arbeitsplätze zu erhalten und neu zu schaffen. Wenn wir in der Gemeinde nicht miteinander und nicht gegeneinander leben wollen, kann es doch nur darum gehen, die Bedürfnisse sowohl des konventionellen als auch des ökologischen Landbaus so miteinander zu verbinden, dass beide existieren können.

Ostseezeitung: 11.10.2001

Konfliktvermittler kommt nach Pulow
Staatssekretär ist für Mittwoch angekündigt

Pulow. Als Konfliktvermittler wird am nächsten Mittwoch Staatssekretär Rudolphi aus dem Schweriner Landwirtschaftsministerium in Pulow erwartet. Dies berichtete Bürgermeister Matthias Andiel bei der Info-Veranstaltung am Dienstag im Papendorfer Gutshaus. Gleichzeitig erhofft man sich auch erste Aussagen über ein örtlich angedachtes Modellprojekt zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft, so Andiel, der zum Bürgertreffen meinte: „Statt der emotionsgeladenen Stimmung hätte ich mir mehr inhaltliche Fragen gewünscht.“ Er akzeptiere jedoch, dass sich viele Einwohner, die sich lange Zeit scheinbar nicht für die Politik der Gemeinde interessierten, aufgrund der aktuellen Lage „Luft machen mussten“. Er hoffe, dass sich die Leute, die jetzt Kritik an der Gemeindevertretung üben, dann auch künftig mit einbringen. „Die nächste Gelegenheit dazu ist der Stammtisch am Freitag, 19. Oktober, in Waschow“, orientierte Andiel. Dorthin wird auch Hans-Joachim Götz aus Waschow von der neuen Bürgerinitiative mit Fragen und Problemen kommen, wie er auf Nachfrage bestätigte. „Wir werden jetzt am Ball bleiben und für Antworten konkrete Termine setzen.“ Die Verschleppungstaktik und mangelnde Info-Politik der Gemeindevertretung wolle man nun nicht mehr länger hinnehmen, betonte Götz, der nach der Versammlung von zwei Grundstimmen sprach: Einerseits sei er ebenso wie viele Anwesende auch enttäuscht gewesen, dass der Bürgermeister keine konkreten Informationen gegeben hat. „Aber gerade dafür war die Veranstaltung ja eigentlich anberaumt, wir wollten Neues über u.a. Untersuchungsergebnisse erfahren, statt dessen sollten die Einwohner Fragen stellen und der alte Urschleim wurde wieder aufgewühlt.“ Auf der anderen Seite konnte der Neu-Waschower der Zusammenkunft aber auch positive Aspekte abgewinnen: Die aktuelle Situation der einstmals geplanten Umgehungsstraße für die Schwerlasttransporter durch Jasedow sei interessant gewesen, hätte auch Hintergründe offenbart, die man als Bürger bislang so nicht kannte. „An dem Beispiel wurde auch deutlich, dass in die Info-Politik bei uns in der Gemeinde bislang nicht stimmte.“

Nordkurier: 11.10.2001

Pulower legen Probleme offen
Andiel lehnt Rücktritt ab – Neue Bürgerinitiative aufgelöst – Enge Kooperation gewollt

Papendorf. Um den Brasan-Unfall ging es so gut wie nicht mehr, als sich etwa 130 Einwohner der Gemeinde Pulow am Mittwochabend im Papendorfer Gutshaus auf Einladung des Bürgermeisters Matthias Andiel zusammenfanden. Die Bürger packten vieles auf den Tisch, was ihnen in den vergangenen zehn Jahren auf der Seele gebrannt hatte. Nicht umgesetzte Straßenprojekte, Rasenmäher-Probleme, Vermietungs-Streitigkeiten, Nazi-Vorwürfe und immer wieder der Streit zwischen der Gemeindevertretung und der Peeneland Agrar GmbH – es dürfe kaum eine alte Rechnung aus der vergangenen Dekade ausgelassen worden sein. Dabei ging es nicht immer nur sachlich und schon gar nicht ruhig zu. Der größte Vorwurf, der aus vielen Redebeiträgen sprach, war aber: Bürgermeister Andiel und die Gemeindevertretung hätten sich von den Pulower Bürgern entfernt. Mit einem Projekt der „Ökologischen Gemeinde Pulow“ könne man sich nicht indentifizieren. Hans Jürgen Götz sprach von einer „Cliquenwirtschaft“ Andiels mit einigen Leuten, die erst in den letzten Jahren zugezogen seien. Marianne Grieser aus Waschow forderte Bürgermeister Andiel und die komplette Gemeindevertretung zum Rücktritt auf. „Das ist unser großes Ziel, und wenn es zehn Jahre dauert“, meinte sie. Gleichzeitig gab sie bekannt, dass die „Bürgerinitiative für die Gemeinde Pulow“ nicht mehr existiere. Somit dürfte diese nur zweimal öffentlich gehandelt haben: in der Lassaner Versammlung am 2. Oktober und als Urheberin eines Schreibens an den Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) vom 4. Oktober.

Durch Wahlen legitimiert

Dass keine gemeinsame Strategie der Andiel-Kritiker existiert, war dann auch zu spüren. Denn neben den Rücktrittsforderungen wurden auch gemäßigtere Stimmen laut. Manfred Engel betonte unter anderem, dass Anhänger von ökologischer und konventioneller Landwirtschaft nebeneinander arbeiten sollten. Auf diese Stimmen will Andiel weiter setzen. An den Rücktritt denkt er nicht. Die Gemeindevertretung und er seien durch jüngste Wahlen demokratisch legitimiert. „In zwei Jahren wird wieder gewählt“, sagt er. Die Probleme in der Gemeinde, die in jüngster Zeit offenbar wurden, will durch engere Zusammenarbeit mit den Bürgern zu lösen versuchen. Der Andiel-Kritiker Hans-Jürgen Götz akzeptierte das Angebot und kündigte an, dass die Bürger in Zukunft „kritischer ‚rangehen und genauer hingucken werden, wenn es um das Gemeinwohl geht“.

Ostseezeitung: 12.10.2001

Bio-Hof: keine Belastung

Maintal/Steinfurth. Die Untersuchung der vom Herbizid-Hersteller Syngenta vor zwei Wochen auf dem Hof des Bio-Bauern Götz in Steinfurth gezogenen Proben hätten keine Belastung von Pflanzen und Boden ergeben, teilt das Unternehmen mit. Man werde dem betroffenen Betrieb und den Behörden in den nächsten Tagen einen entsprechenden Bericht vorlegen. Im Rahmen der Probenanalyse sei weiter festgestellt worden, dass drei Wochen nach der Anwendung von Brasan auf Rapsflächen bei einen Meter neben dem Rapsfeld stehenden Brennnesseln der Wirkstoff Clomazone nicht mehr nachzuweisen gewesen sei. Bio-Bauer Willy Götz hatte im Zuge des Herbizid-Falles in Klein-Jasedow ebenfalls Auffälligkeiten auf seinen Anbauflächen gemeldet. Syngenta ließ hier und in einer angrenzenden Kleingartenanlage elf Bodenproben sowie Proben von Kohlrabi, Gewürzkraut, Äpfeln und Weintrauben nehmen. „Uns ging es vor allem um die Belange von Herrn Götz. Deshalb haben wir schnell gehandelt, obwohl dessen Betrieb von einem Produkt, das nicht aus unserem Hause stammt, betroffen war“, so Dr. Hans-Theo Jachmann, Syngenta-Geschäftsführer.

Bauernzeitung 40/2001

Vom Winde verweht?

In Pulow bei Anklam sind ein konventioneller Agrarbetrieb, benachbarte Biobauern und Teile der Bevölkerung nach einem Herbizideinsatz entzweit. Stimmen der Vernunft haben es schwer.

Handgreiflichkeiten am Eingang, laut ausgesprochene Zutrittsverbote- das kennt man nur von Pressekonferenzen mit ganz großen Stars. Aber weder sie noch deren Fans hatten sich ins Vorpommersche verirrt. Bei den mit körperlichen Nachdruck Abgewiesenen handelte es sich um Landwirte und Dorfbewohner, die einer Veranstaltung zu einem Thema folgen wollten, das sie seit Tagen beschäftigte und im Norden Schlagzeilen machte. Es ging um nicht weniger als den Vorwurf an einen Landwirtschaftsbetrieb, Teile eines Dorfes „chemisch verseucht“ zu haben.

Im Gutshaus des Nachbarortes Papendorf, kurz vor der Insel Usedom gelegen, sollte eine Pressekonferenz dazu dienen, den Sachverhalt aus der Sicht der Gemeinde Pulow darzulegen. Eingeladen waren Vertreter mehrerer Behörden, der mit Agrochemikalien befaßten Firma Syngenta, der Ökolandwirt sowie der Bürgerbewegung „Ökologische Gemeinde“. Nicht eingeladen war die Peeneland Agrar GmbH – jener Betrieb, dem man vorwirft, durch den Einsatz des Herbizids Brasan die Kontamination verursacht zu haben.

Ökobetrieb büßte Ernte ein

Damit zur Vorgeschichte: Am 30.August und am 1. September behandelten Mitarbeiter der Agrar GmbH einen 104-ha Schlag Raps im Vorauflaufverfahren mit Brasan. Am 12.September bemerkten Landwirte der auf einem Nachbarschlag wirtschaftenden Kräutergarten Pommernland eG Aufhellungen an ihrem Zitronenmelissebestand. Der Ökobetrieb hatte ihn im Vertrag mit der Gäa angebaut. Zeitgleich verfärbten sich Pflanzen in Kleingärten der Gemeinde Klein Jasedow. Die Pommerland eG erstattete Anzeige gegen den Nachbarn, es kam zum Ortstermin, bei dem es bald nicht nur um die Schäden an den Pflanzen, sondern um Gesundheitsbeschwerden von Dorfbewohnern ging, die über Kopfschmerzen, Atemwegreizungen, allergische Hautausschläge und Magenstörungen nach dem Verzehr von frischen Obst klagten. Die anwesenden Mitarbeiter lokaler Medien sahen sich in der Pflicht, unterstützt durch die Gemeindevertreter die Bevölkerung vor einer Umweltkatastrophe zu warnen. Nun schaltete sich auch das Gesundheitsamt, der Brasan Hersteller Syngenta und Landesministerien ein. Bis zum Pressetermin in Papendorf zogen die Ereignisse in ganz Mecklenburg-Vorpommern so weite Kreise, daß beim Landwirtschaftsministerium 38 Beschwerden zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln vorlagen. Zwangsläufig stellt sich die Frage nach der guten fachlichen Praxis. Für die Peeneland Agrargesellschaft beruft sich ihr für den Pflanzenschutz verantwortlicher Mitarbeiter, Norbert Krüger, darauf daß das Mittel schon im Vorjahr erfolgreich und ohne Komplikationen eingesetzt wurde. Alles geschah gemäß den sehr exakten Vorschriften, die genutzte Technik funktionierte einwandfrei. Das Ausbringen der ordnungsgemäßen einprozentigen Lösung (2,3l/ha) erfolgte nach Windmessung und unter Teilbreitenabschaltung an der Spritze. Der verantwortliche Leiter kam seiner Kontrollpflicht mehrfach nach. Am späteren Vormittag war das Mittel auf den dafür vorgesehenen Fläche ausgebracht. Wie kam es dann zu den Blattverfärbungen? Die Fachleute verweisen auf die sogenannte sekundäre Wirkstoffverlagerung. Die im Mittel enthaltenen Wirkstoffe Dimethanchlor und Clomazone wirken vor allem schädigend auf Chlorophyll, woraus sich die Blattfärbung erklärt. Clomazone hat mit 25° einen relativ niedrigen Schmelzpunkt, der eine „sekundäre Wirkstoffausbreitung“ begünstigt. Nach Expertenmeinung ist der Schmelzpunkt in diesem Zusammenhang jedoch weniger von Bedeutung als vielmehr Temperatur und Luftbewegung. Wahrscheinlich hat die insgesamt ungünstige Witterung dieses Jahres eine unbeabsichtigte Verbreitung des Wirkstoffs aus dem im Lande gängigen Mittel in mehreren Fällen befördert. Ein Fehlverhalten konnte der Peeneland GmbH bisher nicht bewiesen werden. Sind aber nun Einwohner gefährdet? Peter Hefner versicherte vor der Presse namens der Firma Syngenta, die Unbedenklichkeit des Produktes, dem auch in konzentrierter Form nur eine geringe Toxizität bescheinigt wird. Clomazone sei überdies in anderen Produkten enthalten. Der Einschätzung gaben die Untersuchungsergebnisse der Behörden recht. Dr. Jürgen Buchwald vom Schweriner Landwirtschaftsministerium berichtete, dass in Bodenproben der geschädigten Flächen des Ökobetriebes Pommernland keine Wirkstoffe nachgewiesen wurden. Auch Obst- und Pflanzenproben wurden untersucht. Man kam zum gleichen Ergebnis. Eine Gesundheitsgefährdung kann ausgeschlossen werden. Gleichwohl muß geprüft werden, in wie weit ein zivilrechtliches Verfahren notwendig wird, um Entschädigungsfragen zu klären. Sollte sich der Verdacht ergeben, mit dem Pflanzenschutzmittel sei unsachgemäß umgegangen worden, will das Landwirtschaftsministerium unverzüglich Verfahren einleiten. Dr. Doris Wessel vom Gesundheitsamt Anklam und Prof. Christel Hülße, Leiterin des Landesgesundheitsamtes, konnten ebenfalls die Unbedenklichkeit bescheinigen. An einem zum 28.September angesetzten Beratungstermin vor Ort wurden Blutproben entnommen und Fragebögen verteilt, Ergebnisse liegen noch nicht vor. Laut Dr. Wessel wären die vorliegenden Gesundheitsbeschwerden sehr unspezifisch und könnten auch andere Ursachen haben. Für die betroffenen Ökobauern ist die Lage hingegen ernst. Sie können die geschädigten Kulturen nicht mehr als Biogemüse verkaufen, und es könnte der Entzug ihrer Ökolizenz drohen. Obwohl keine Wirkstoffe im Boden nachgewiesen wurden, scheinen die Ökoverbände sehr sensibel zu reagieren. Offenkundig ist, dass im Fall Peeneland und Pommernland die Haftpflichtversicherung des Verursachers einspringen muß, um finanziellen Schaden der Biobauern auszugleichen. Deshalb aber von einem „Giftskandal“ zu sprechen, wie die Gemeinde Pulow es tat. Offenbar handelt es sich um den berühmten Tropfen, der das Faß überlaufen läßt. Seit Jahren brodelt es zwischen den ehemals nahe München ansässigen Anhängern der ökologischen Lebens- und Anbauweise und den vorpommerschen Einwohnern mit ihrem 5000 ha großen Arbeitgeber.

Beschwerden nur aus einer „Ecke“

Der Agrarbetrieb erstreckt sich über viele Gemeinden, aber nur mit Pulow gibt es seit längerem immer wieder Auseinandersetzungen. Die Bürgermeisterin der Gemeinde Zemitz, Susanne Darmann, und ihrem Hohendorfer Amtsbruder Hans -Jürgen Lotz waren unabhängig voneinander der Meinung, dass der Betrieb bisher nie durch Fehler im Pflanzenschutz aufgefallen sei. Er passe in die Region, zeige immer Bereitschaft zur Zusammenarbeit, und man sei froh, dass er Arbeitsplätze bietet. Eine Schieflage zeigt sich auch, wenn Johannes Heimrath, zweiter Bürgermeister von Pulow, das Recht einfordert, die ökologische Wirtschaftsweise per Dekret zu verordnen. Offensichtlich aber tragen nicht alle Einwohner Pulows den Wunsch nach einer Ökogemeinde im Herzen. Der Ökobetrieb Essbare Landschafts GmbH auf der Insel Usedom zählt ebenfalls zu den Betroffenen einer sekundären „Wirkstoffausbreitung“. Trotz erheblicher Verluste rufen die Gesellschafter aber in Besonnenheit auf. Man habe es schließlich nicht mit „Attentätern“ zu tun, wie im Internet schon behauptet sondern mit Kollegen, die anders wirtschaften. Dabei entstehender Schaden sei bedauerlich, soll aber zu gemeinsamer Lösungssuche anregen und nicht zur Verhärtung der Fronten führen.

Kommentar:
Kein Grund für Entwarnung

Wer in den letzten Wochen die Berichterstattung in den regionalen Medien über die wahrscheinlichen Folgen des Einsatzes des Pflanzenschutzmittels Brasan in Ostvorpommern verfolgte, konnte Angst bekommen. Von „Giftwolke“ und von „Kampfstoff“ war da die Rede und von flächendeckender Kontamination Untersuchungen des angeblich verseuchten Gemüses des Ökobauern Willy Götz in Steinfurth haben nun glücklicherweise ein eher unspektakuläres Ergebnis gebracht. Herbizidwirkstoffe unterhalb der Nachweisgrenze, die Gemüseprodukte sind gesundheitlich völlig unbedenklich.
Entwarnung?

Leider nein. Zum einen kann der betroffene Ökobauer sein Gemüse nicht mehr als Ökogemüse vermarkten, was für ihn handfeste finanzielle Einbußen zu folge hat. Die Frage ob, und wer dafür aufkommt, stellt sich zwangsläufig. Wenn tatsächlich der Nachweis geführt würde , daß die gute fachliche Praxis beim Ausbringen des Pflanzenschutzmittels mißachtet worden ist, ginge an der Entschädigung des Ökolandwirts durch den Verursacher wohl kein Weg vorbei. Anderseits wäre der Ökolandwirt gut beraten, mit wilden Spekulationen und unbewiesenen Behauptungen nicht noch zusätzlich Öl ins Streitfeuer mit den konventionellen Nachbarn zu gießen. Der Eindruck daß bei dieser Gelegenheit alte Rechnungen beglichen werden sollen, ist nicht von der Hand zu weisen.

Der Imageschaden, den der Zwischenfall den Landwirten eingetragen hat, ist nicht abzusehen und auch nicht mit 46000 Besucher zum Landeserntedankfest wie zum „Tag des offenen Hofes“ am vorigen Wochenende aufzuwiegen. Der Ruf nach einem Sachkundennachweis- konventionell und öko – wird lauter.

Nordkurier: 17.10.2001

Schweriner Schlichter soll in Pulow für Akzeptanz sorgen
Landwirtschaftsministerium will alle Parteien an einen Tisch bringen

Pulow (EB/as). Heute kommt Gerhard Rudolphi, Abteilungsleiter im Schweriner Landwirtschaftsministerium, als Schlichter nach Pulow, um in dem Konflikt zu vermitteln, der dort seit dem Brasan-Vorfall offenkundig geworden ist. Er will sich in drei Terminen mit der Peeneland Agrar GmbH, um 16 Uhr im Gutshaus Papendorf mit der Gemeindevertretung und ihren Kritikern sowie abschließend mit allen Parteien an einen Tisch setzen, erklärte gestern die Ministeriumssprecherin Marion Zinke. Die Anschuldigungen der Bürgerinitiative „Landwende“ gegen die Peeneland Agrar GmbH seien sehr massiv gewesen, hätten sich aber nicht nachweisen lassen. Nun müsse man die gegenseitige Akzeptanz fördern.

Bürgermeister Matthias Andiel erwartet von den Gesprächen, dass künftig eine konstruktive Zusammenarbeit in der Gemeinde möglich wird. Er träumt von einem gemeinsamen „Agenda 21“-Modellprojekt der Gemeinde, der konventionellen und der ökologischen Landwirtschaft. Hans-Jürgen Goetz aus Waschow wird lediglich an dem Termin mit der Peeneland Agrar GmbH teilnehmen, erklärte er gestern. Er gilt als Sprecher für weite Teile derjenigen Menschen in Pulow, die Andiel seit kurzem mit offenem Misstrauen begegnen. Sollte das Gespräch mit Rudolphi nicht Neues ergeben, sieht Goetz in einem weiteren Treffen mit Andiel keinen Sinn. Zwischen den Parteien sei „alles gesagt“, meint er. An dem monatlichen Pulower Stammtisch am Freitag will er aber teilnehmen.

Nordkurier: 17.10.2001

Institut findet auch in Pflanzen kein Clomazone
Restliche Blutproben aus Pulow ohne Brasan-Spuren

Pulow/Maintal/Steinfurth (EB/as). Der Brasan-Hersteller Syngenta hat jetzt die letzten Laborergebnisse von Pflanzenproben mitgeteilt, die vor drei Wochen auf dem Hof des Steinfurther Öko-Bauern Wilfried Götz gezogen worden waren. Das abschließende Ergebnis laute „keine Clomazone-Belastung von Pflanzen und Boden“, erklärt Pressesprecher Peter Hefner. Die Analysen habe ein unabhängiges Institut namens Fresenius vorgenommen. Ein entsrpechender Bericht werde dem Öko-Bauern sowie den zuständigen Behörden in diesen Tagen zugehen. Auch die etwa zwanzig Blutproben, die von Bürgern der Gemeinde Pulow genommen wurden, seien negativ ausgefallen, bestätigte gestern die ostvorpommersche Amtsärztin Doris Richter. Einzige Ausnahme ist eine junge Frau, deren erste Probe drei Wochen nach dem Ausbringen von Brasan genommen wurde. Ihre zweite Probe, die eine Woche später entnonnem wurde, sei allerdings negativ. Eine Erklärung für die positive erste Probe habe allerdings weder Amtsärztin Doris Richter noch Syngenta-Sprecher Peter Hefner.

Nordkurier: 18.10.2001

Agrar-Streit soll mit Geprächen beigelegt werden
Schlichter-Einsatz erfolgreich

Pulow (EB/sd). Der Schlichter-Einsatz von Gerhard Rudolphi, Abteilungsleiter im Schweriner Landwirtschaftsministerium, hat sich in Pulow gestern offenbar gelohnt: Man habe einen Themenkatalog erarbeitet, „der zwischen dem Agrarbetrieb Peeneland und der Bürgerinitiative „Landwende“ in nächster Zeit besprochen wird“, sagte Rudolphi gestern abend nach drei Gesprächsrunden mit den Vertretern aller Streit-Parteien. Dass die Emotionen nach den Zwischenfällen mit dem Pflanzenschutzmittel Brasan so hoch gekocht sind, schreibt er den Umstand zu , „dass es wohl schon lange Zeit Gesprächsdefizite gegeben hat“. Um jene abzubauen, sollen nun neben Fragen zur Flächennutzung und einem eventuellen -tausch auch „Vekehrssituationen und Wegegestaltung diskutiert werden.“ Für heute kündigte Bürgermeister Matthias Andiel eine gemeinsame Erklärung von Peeneland und Landwende an.

Ostseezeitung: 19.10.2001

Entspannung in Pulow ist nach Treffen möglich

Pulow. Es gibt Hoffnung auf einen sachlicheren Umgang: Dieses Fazit ziehen die Beteiligten nach ersten gemeinsamen Gesprächen, die am Mittwoch unter Leitung von Dr. Gerhard Rudolphi aus dem Schweriner Landwirtschaftsministerium standen. Die nach dem Brasan-Zwischenfall wie berichtet teils sehr emotional geführten Auseinandersetzungen zwischen Vertretern der ökologischen Bürgerbewegung sowie der Peeneland GmbH und später der neuen Bürgerbewegung sind nun in eine vernünftige Richtung gelenkt, teilen die Gesprächspartner in einer gemeinsamen Presseerklärung mit. Alle Seiten bekundeten ihre Bereitschaft, sich künftig aufeinander zu bewegen zu wollen. Ein zweites Treffen soll in den nächsten drei Wochen stattfinden. In dem von Dr. Rudolphi mit viel Fingerspitzengefühl vorbereiteten Schlichtungsgespräch ging es nicht „um schmutzige Wäsche aus alter und jüngster Vergangenheit“. Die Vereinbarung, sich streng am Ist-Zustand zu orientieren, war Voraussetzung für den Versuch, einen Weg zur Verständigung zu suchen. Bewohner der Gemeinde haben heute um 19 Uhr im Waschower Gutshaus die Möglichkeit, sich im Rahmen der Stammtischrunde zu informieren.

Norkurier: 19.10.2001

Pulower Kernprobleme angesprochen
Vertreter des Ministeriums lobt Kommunikationsbereitschaft und tadelt „zugespitztes Verhalten“

Pulow (EB/as). „Sehr zufrieden“ zeigte sich gestern Gerhard Rudolphi, Abteilungsleiter im Schweriner Landwirtschaftsministerium mit dem Ausgang der Gespräche in Pulow. Das erste Ziel sei erreicht – die zerstrittenen Parteien in der Gemeinde Pulow kommunizieren miteinander. Viele Positionen beruhten auf Überreaktionen und Missverständnissen – „auf beiden Seiten“ ,betonte Rudolphi. Beispielsweise hätten Zustimmung und Ablehnung eines Straßenprojektes zum Getreidelager vor allem mit unterschiedlichen Kenntnisständen zu tun gehabt. Am „Runden Tisch“, dem zwei Einzelgespräche vorausgegangen waren, nahmen die Pulower Gemeindevertreter, Olaf Czeskleba, Vizechef der Peeneland Agrar GmbH, Ove Asmussen von der ATR Landhandel Arp Thordsen Rautenberg GmbH sowie Vertreter der Bürgerinitiative „Landwende“ und von der „Kräutergarten Pommernland eG“ teil. In dem Schlichtungsgespräch seien „die Kernprobleme zwischen den Parteien angesprochen“ worden, hieß es gestern in einer gemeinsamen Presseerklärung der Beteiligten. Rudolphi habe an beide Seiten appelliert, die wirtschaftlichen Ziele des jeweils anderen zu akzeptieren. „Konkrete Ergebnisse konnten an dem Abend noch nicht erzielt werden. Einigkeit bestand darin, dass weitere Gespräche in nächster Zeit unabdingbar sind. Beide Seiten wollen den Dialog in den nächsten drei Wochen fortsetzen“, hieß es. Thema sollen Flächentäusche und die Wiederinbetriebnahme nicht genutzter Gebäude durch den Kräutergarten und die Wollproduktion sein, so Rudolphi. Dafür, dass Peeneland-Geschäftsführer Bernard Kowolik nicht persönlich zum „Runden Tisch“ erschien, zeigte Gerhard Rudolphi Verständnis. Zu sehr sei er persönlich beschädigt worden. Man solle aber bedenken, dass bei dem Brasan-Unfall „Bernhard Kowolik in Person nicht fahrlässig gehandelt“ habe. Kritik übte Rudolphi an Ove Asmussen, der die Beratung in zugespitzter Reaktion verlassen habe. Jeder müsse seinen Beitrag leisten, um die atmosphärischen Störungen abzubauen. Anfang nächsten Jahres will Rudolphi wieder zum „Runden Tisch“ einladen, um sich nach dem Sachstand zu erkundigen.

Der Tagesspiegel, Berlin, 10.01.2002

Die weißen Blätter von Pulow
Das Unkrautmittel Brasan hat in einem Dorf auf Usedom zu unerwünschten Nebenwirkungen geführt

Benedict Maria Mülder

„Clomazone sind der Renner im Raps“, sagen Landwirtschaftsexperten. Weil der chlorhaltige Wirkstoff, wie er in drei Unkrautvertilgungsmitteln vorkommt, breitflächig das meiste Unkraut trifft. Über 900 000 Hektar Raps werden im Jahr in Deutschland angebaut und nach der Aussaat zumeist mit Clomazonen vor unliebsamer Konkurrenz geschützt.

Nachdem Anfang September 2001 über 100 Hektar Winterraps in der kleinen Gemeinde Pulow bei Usedom besprüht worden waren, geriet eines der clomazonehaltigen Mittel, Brasan vom Herstelle Syngenta Agro, wegen unerwünschter Nebenwirkungen in die Schlagzeilen.

Auf dem Nachbarfeld, das 5000 biologisch angebauter, bereits erntereifer Zitronenmelisse-Pflanzen enthielt, zeigten sich die Folgen zuerst: fast über Nacht war es durch Brasan weiß geworden. Dann fanden sich Spuren des Mittels in angrenzenden Gärten und später im Blut einer Frau mit Gesundheitsstörungen. Grippeähnliche Symptome, von Übelkeit bis zu Kopf- und Gliederschmerzen, Husten und Hautreizungen bei Kindern, traten bei Dutzenden von Anwohnern auf. Eine Folge von Clomazone?

Bis weit in den Oktober waren außerhalb des vom Hersteller verlangten fünf Meter breiten Sicherheitsabstandes bleichblättrige Überbleibsel zu sehen. Die ökologisch sensibilisierten und im Verein „Landwende“ organisierten Anwohner und Bio-Bauern („Kräutergarten Pommernland“) machten gegen das Unkrautvertilgungsmittel so mobil, das neben dem Landwirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern, Till Backhaus (SPD), auch seine Berliner Amtskollegin Renate Künast (Bündnis 90/Grüne) und die zuständigen Bundesbehörden mit dem Thema befasst sind.

Für Brasan ist zwar die jüngste Aussaat des Winterraps die vorläufig letzte Saison, da die amtliche Zulassung Ende 2001 auslief, doch nachdem seine Wiederzulassung beantragt ist, stehen die beiden anderen clomazonehaltigen Mittel – Cirrus aus dem gleichen Haus und Nimbus von BASF – auch auf dem Prüfstand. Die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) in Braunschweig bereitet dazu für Mitte Januar ein Colloquium vor, an dem das Umweltbundesamt und das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) teilnehmen. Nach den Ereignissen in Norddeutschland muss nun der bislang als toxikologisch unbedenklich geltende Einsatz der Mittel neuerlich untersucht werden.

In Tierversuchen waren „Bewegungsstörungen und verminderte Aktivitäten, auch Ausfluß aus der Nase, erst nach erheblichen Clomazone-Konzentrationen, wie sie in der Praxis nie vorkommen“, festgestellt worden, sagte ein Mitarbeiter des BgVV auf Anfrage. Raps überlebt die Clomazone-Kur dank einer erheblichen Chlorophyllsynthese, die über das Maß der konkurrierenden Pflanzen – es gibt mehr als 40 Unkrautarten – weit hinausgeht. Sie sterben, noch bevor der Sprössling durch die Ackerkrume bricht, gewissermaßen an Chlorophyllmangel.

Syngenta Agro wies im Falle Pulow, nachdem Wochen später Proben keine unmittelbaren Rückstände mehr aufwiesen, jeden Verdacht gegenüber seinem Produkt zurück. Es sei an und für sich nicht gefährlich, so Unternehmenssprecher Peter Hefner zum Tagesspiegel. Zwischen den gesundheitlichen Beeinträchtigungen von Anwohnern und dem Herbizid bestehe kein ursächlicher Zusammenhang.

Immerhin, unabhängig von Pulow, waren insgesamt über 50 besorgte Clomazone-Anfragen aus ganz Mecklenburg-Vorpommern bei Landwirtschaftsminister Backhaus (SPD) eingegangen. Eine erste Anhörung im Oktober, so schrieb Renate Künast schließlich Ende November ihrem Amtskollegen, habe aber nicht abschließend klären können, „ob die Schäden auf eine nicht bestimmungsmäßige und nicht sachgerechte Anwendung oder auf den Wirkstoff Clomazone selbst zurückzuführen sind“. Darauf konzentrieren sich jetzt die weiteren Untersuchungen.

Landwirtschaftsminister Backhaus sieht einen „nicht ordnungsgemäßen Gebrauch des Spritzmittels“ als Grund für die Schäden an, während der Pulower Verursacher geltend machte, dass die Aufbringung des Mittels „sachgemäß“ erfolgt sei. Genau das bereitet den Experten Kopfzerbrechen. Auch wenn Faktoren wie der Wind beim Versprühen eingerechnet werden, kann es selbst bei Windstille zu einer Abdrift kommen, weil die flüchtigen Clomazone bei Wärme schnell verdunsten. Der BgVV-Experte: „Sie dampfen in Zusammenhang mit warmen Temperaturen leicht und schnell ab“, so dass sie andere als die ursprünglich vorgesehenen Flächen und möglicherweise auch Menschen erreichen.

Wenn aber selbst eine sachgerechte Anwendung gesundheitliche Störungen nicht ausschließt, ist die Behörde gezwungen „restriktiv einzugreifen“. Zur Prüfung dessen, werden jetzt die Pulower Krankenakten ausgewertet. Neben den Wissenschaftlern sind auch Vertreter der „Landwende“ zu dem Colloquium geladen. Schließlich geht es ihnen darum, so einer ihrer Sprecher, dass kleinparzellierte Ökobauern nicht von den alteingesessenen Agrarindustrien des Ostens untergebuttert werden.

Immerhin, den Kräuterbauern, denen ein Schaden von knapp 15 000 Euro entstanden ist, weil Brasan auch Melisse für törichtes Unkraut hielt, hat der Verursacher schon eine Entschädigung zugesichert. Syngenta Agro hofft hingegen darauf, mit „rigideren Anwendungsbestimmungen das minimieren zu können, was in Pulow und andernorts aufgetreten ist“. Ob das ausreicht, müssen die Behörden entscheiden.