Eine kleine Geschichte vom Glyphosat und dem Kampf dagegen
Eine Hofgemeinschaft muss die Zerstörung des sie umgebenden Waldes mit ansehen, an deren Spitze der Einsatz von Glyphosat schließlich ihre eigene Gesundheit bedroht. Als sie sich versucht zu wehren, tauchen weitere Abgründe auf…
Was geschah
2008 – erste Verwertung des Waldes um Bienenwerder herum durch die BVVG. Ca. 40 % des Bestandes werden geschlagen. Es wird nicht mehr aufgeforstet, dadurch bekommt die Traubenkirsche in den folgenden vier Jahren viel Licht und Platz zum Wachsen und Gedeihen. Diese aus Kanada eingeführte Baumart wird seit mehreren Jahrzehnten wieder bekämpft, da sie eine dichte Strauchschicht bildet, die viele forstwirtschaftliche Arbeiten erschwert und andere Gehölze bei der Naturverjüngung behindert.
Was danach geschah
Sommer 2012 – der Wald um unseren Hof wird privatisiert. Der neue profitorientierte Eigentümer kommt aus dem fernen Niedersachsen und hat keinen Bezug zum Land. Der Wald wird wieder geschlagen, der neue Waldbesitzer entscheidet sich dafür das Maximum des Möglichen aus dem Wald zu holen: Nur noch 40% sollen stehen bleiben. Ein Lohnunternehmen wird eingesetzt: Harvester kommen bis weit in den Sommer hinein zum Einsatz, mit gravierenden Auswirkungen auf die Vögel. Die täglichen Arbeitszeiten weiten sich bis in die Nacht hinein aus und belasten Tiere und Menschen. Der hiesige Hilfsförster (zweiter Förster im Stadtforst) wird zur rechten Hand des Eigentümers als Vertreter vor Ort.
Die massive Auslichtung des Waldes führt automatisch zur weiteren Ausbreitung der Traubenkirsche. Dies wird schon in der waldbaulichen Planung des Besitzers in Kauf genommen und damit die Voraussetzungen geschaffen, denen er in der Zukunft mit einem enormen Herbizideinsatz entgegnen muss. Um einen drohenden Gifteinsatz abzuwenden, bieten wir anfänglich sogar Unterstützung an, die Traubenkirsche manuell zu bekämpfen. Dies scheitert unter anderem daran, dass dem Waldbesitzer die Kosten für eine manuelle Bekämpfung wohl zu hoch sind. Die Verbindung aus dem prozentual massiven Einschlag und der großen Hektarzahl eingeschlagener Fläche machen eine nachhaltige Waldbaupraxis jedoch unmöglich. Diese Einschätzung erfolgte, nachdem ein Förster unserer Wahl die Waldflächen begutachtete. In den Wäldern passiert nun folgendes: Die Flächen werden komplett beerntet, Baumkronen- und andere Schnittreste landen im Holzhäcksler und werden somit dem Waldboden entzogen. Nun kommt der Mulcher zum Einsatz, danach wird der Wald gepflügt. Es werden durchweg schwere Maschinen benutzt, die eine Verdichtung und Degradierung des Bodens verursachen. Jetzt wird ein Zaun errichtet, die Herbizideinsätze beginnen. Dies ist leider auch die gängige Praxis in den benachbarten kommunalen Waldgebieten.
Als Gegenbeispiel seien an dieser Stelle die Berliner Forsten erwähnt. Dort wurde sich grundsätzlich gegen den Einsatz von Herbiziden entschieden. Der Traubenkirsche wird mit manuellen und vor allem waldbaulichen Massnahmen begegnet, die Vielfalt des bestehenden Waldes bleibt erhalten. Alte Mischwaldbestände, die es auch bei uns gab, werden in ihrer Intaktheit nicht zerstört, Trupp-und Horstweise wird in den befallenen Gebieten aufgeforstet. In Erprobung befindet sich gegenwärtig ausserdem eine Form der biologischen Bekämpfung mit dem Violetten Knorpelschichtpilz.
Die Kampagne
Die ersten Gifteinsätze auf hoffernen Flächen beginnen. Wir starten die Anti-Glyphosat Kampagne „Skandal im Wald“: Wir drehen einen Film, machen eine Postkartenaktion und am 31.8.2013 die erste Demo seit 1989 in Müncheberg. Symphatisant_Innen veröffentlichen den Namen und die Telefonnummer des Waldbesitzers auf unserer Homepage, woraufhin wir eine Unterlassungsklage am Hals haben. Im folgenden Sommer kommt es zu weiteren Glyphosateinsätzen auf hofnahen Flächen. Es wird ohne Ankündigung und teilweise bei zu hohen Windstärken, zu hoher Luftfeuchtigkeit, zu hohen Temperaturen gespritzt. Glyphosat wird auch auf unserem Grundstück angemischt. Ein neuerlicher Versuch bei offiziellen Stellen Gehör zu finden, schlägt wie im Vorjahr fehl. Wir telefonieren uns durch die Institutionen: Forstbehörde Waldsieversdorf, Untere Naturschutzbehörde, Wasserbehörde, Bundesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaftsbehörde- aber niemand fühlt sich zuständig die gute fachliche Praxis durchzusetzen. Die Glyphosatgegner_innen die sich dem alleinarbeitenden Giftsprüher entgegenstellen, werden von der Polizei vertrieben, damit „der Mann ungestört seiner Arbeit nachgehen kann“. Schutzbekleidung fehlt, ein Sachkundenachweis wird nicht eingefordert.
Bis heute wird, nach wie vor, in den Wäldern Glyphosat gespritzt.