Inspirierende ökologische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Lösungen für Resilienz und Transformation

Aus der Buchserie über gemeinschaftsbasierte Transformationsarbeit, von Mitgliedern des ECOLISE-Netzwerks, geht mit dem Band 1 der Autoren Thomas Henfrey und Gil Penha-Lopes der folgende Titel hervor. Die Serie – wovon Band 1 dank des OLV Verlags in deutscher Sprache vorliegt – möchte intellektuelle Perspektiven aus der Schnittstelle von Forschung und Praxis vermitteln, lokales Handeln fördern und einen Beitrag zur Verbesserung der Kommunikation mit der politischen Ebene leisten. Permakultur wird hier als eine dynamische, ganzheitliche und selbstorgansierte globale Graswurzelbewegung dargestellt, die sich außerhalb des hauptsächlich in der Öffentlichkeit ablaufenden Nachhaltigkeitsdiskurses verortet. Anliegen des Buches ist es, Wege aufzuzeigen, die mit Strategien der Permakultur und anderer traditioneller Kultursysteme bereits seit langer Zeit erfolgreich umgesetzt werden, um dem Klimawandel anders als mit überholten Denkmustern zu begegnen. Viele der über 2.000 in Europa ermittelten Initiativen zur Abmilderung des Klimawandels nutzen Permakultur als leitende Philosophie und Werkzeug für praktisches Handeln, sowie für die Entwicklung einer verantwortungsvollen Lebensweise innerhalb der planetaren Grenzen. Mittlerweile ist nicht nur die Erkenntnis allgemein akzeptiert, dass das Klima sich extrem verändert, sondern ein Wechsel der Maßnahmen von einer Abmilderung der Ursachen hin zu einer Anpassung an die Folgen zu beobachten, also einer Reduzierung der Anfälligkeit ökologischer und menschlicher Systeme für die Folgen des Klimawandels, sowie die Nutzung der Vorteile, die diese Folgen mit sich bringen. Darüber hinaus werden zunehmend Forderungen laut, die über jene Maßnahmen hinausgehen und die Notwendigkeit eines tieferen Wandels erkennen. Die Umstrukturierung von Stoffkreisläufen als auch eine psychologische und kulturelle Transformation hinsichtlich der Wahrnehmung und des Verständnisses unserer menschlichen Beziehungen zur natürlichen Welt, spielen dabei eine zentrale Rolle, so die Autoren. Permakultur akzeptiert Wandel als unvermeidliches Merkmal von Existenz und gestaltet diesen seit fast vier Jahrzehnten kreativ und lösungsorientiert mit. Daher bietet sie zahlreiche Werkzeuge an für den Umgang mit den kollektiven Herausforderungen unserer Zeit, denen wir uns heute gegenübersehen.

Die Gestaltungsmethoden der Permakultur beziehen sich im Grunde auf die Herstellung eines sozialen und ökologischen Gleichgewichts. Im Buch werden einige wesentliche Strategien aus dem Werkzeugkoffer der Permakultur vorgestellt, die sich in der Praxis zahlreiche Male bewährt haben. Sie bieten einen Überblick über relativ kleine Maßnahmen und deren potentielle Erfolge, die mit angemessener politischer Unterstützung in noch weit größerem Rahmen möglich wären. Bodenverschlechterung wird als eine Hauptursache für den Klimawandel gesehen und degradierte Böden sind sehr viel anfälliger für dessen Folgen. Demnach wird dem Schutz und Aufbau von gesundem Boden eine erhöhte Aufmerksamkeit beigemessen, so die Autoren in dem Band. Die Erhöhung der Anzahl, Vielfalt und Qualität der Beziehungen von Organismen, Arten und Populationen untereinander auf einem Gebiet wird angestrebt und ahmt als agrarökologische Strategie Strukturen und Dynamiken natürlicher, gesunder Systeme nach, um Flächen anpassungsfähiger und produktiver zu gestalten. Als ein prominentes Beispiel wird hier der Aufbau vielfältiger und reichhaltig essbarer Waldgärten angeführt. Generell werden Techniken angewandt, die lokal verfügbare, günstige oder kostenlose Ressourcen nutzen, um einer Vielzahl an Problemen – wie auch Hunger – zu begegnen und Lösungen zu finden. Bioklimatisches Bauen, Bioregionalismus, Regenerative Unternehmen, der Umgang mit Energie (Bsp.: Transition Town-Bewegung) sind noch einige der weiteren Strategien, die in den verschiedenen Kapiteln genauer erörtert und mit zahlreichen erfolgreichen Projektbeispielen weltweit bestätigt werden.

Die Förderung der lokalen Gemeinschaft bzw. die Stärkung der Kooperationsfähigkeit von Menschen, die respektvolle, integrative und konstruktive Einbindung aller beteiligter Akteure sowie die Vernetzung von Gruppen, erzählt von der Anwendung ökologischer Prinzipien auf soziale Situationen und werden heute unter dem Begriff „soziale Permakultur“ zusammengefasst, erklären die Autoren. Dazu gehören Methoden zur Konflikttransformation, wie auch der Aspekt der persönlichen Resilienz im Umgang mit den Herausforderungen unserer heutigen Zeit.

Mehrere Abschnitte in dem Buch befassen sich mit der Hinterfragung von Weltanschauungen und thematisieren die Förderung einer ganzheitlichen, integrativen Sichtweise, was häufig auch in Verbindung mit traditionellem Wissen und Spiritualität gelebt wird. Ein eigenes Kapitel verweist auf die Parallelen zwischen Permakultur und indigenen Lebensweisen, wobei permakulturbasierte Lösungswege für den Klimawandel oft von traditionellem und lokalem Wissen inspiriert werden, sowie viele indigene Gruppen Permakultur mittlerweile in ihre Anpassungsstrategien eingebunden haben.

Als Kernthema des Buches kann die Verbindung von Permakultur mit der politischen Ebene gelesen werden. Laut Autoren entfalten permakulturelle Maßnahmen und Projekte, trotz ihrer immensen Verbreitung und ihres beeindruckenden Beitrags zur Klimawandelanpassung, bisher nur einen Bruchteil ihres Potentials, wegen begrenzter politischer Unterstützung. Bislang hat das Wirken nur am Rande des politischen, wirtschaftlichen und sozialen Mainstreams statt gefunden. Doch Permakultur hat einen äußerst wichtigen Beitrag für die mittlerweile anerkannte notwendige radikale sozio-ökonomische Transformation zu leisten, so die Autoren. Als Beispiele für Strukturen politischen Engagements im Permakultur-Netzwerk nennen sie das Global Ecovillage Network (GEN), das bereits seit 2000 beratenden Status beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen inne hat, sowie die Transition-Town-Bewegung, die hingegen mehr die Kooperation mit lokalen Behörden betone. Das bereits erwähnte European Network for Community-Led Initiatives on Climate Change and Sustainability (ECOLISE) wurde 2014 als Zusammenschluss von PK-Organisationen, TT-Gruppen und Ökodörfern gegründet, zu dessen Kernaktivitäten der Dialog mit der Politik gehören. Die Autoren stellen abschließend fünf Punkte für produktive Zusammenarbeit zwischen Permakultur und Politik vor und veröffentlichen zum Ende des Buches die Stellungnahme und den Maßnahmenplan zum Klimawandel der Internationalen Permakultur-Konferenz von 2015 in London.

Fazit:
Insgesamt ist das Buch so geschrieben, dass es durch seine akademische Sprache und Sachlichkeit, der jeweils kurz gehaltenen Darstellungen der vielzähligen Aspekte des Themas, und der reichhaltigen Anführung von Referenzbeispielen, eine hilfreiche und kompakte Schrift anbietet, um sie Menschen an die Hand zu geben – seien es kommunale Entscheidungsträger oder andere – die bislang noch keinen Einblick in diese Bewegung und ihr Potential erhalten konnten. Abgerundet wird das schmale Buch durch ausführliche Quellenangaben zu den einzelnen Kapiteln (Literatur wie auch Internetverweise in englischer Sprache), sowie eine Auflistung weiterführender Informationen zu Permakultur-Organisationen und Netzwerken, welche zu weiterer Recherche und Vertiefung ermuntern.

Quelle
OLV Organischer Landbau Verlag, 2019
https://olv-verlag.eu/Permakultur-und-Klimawandelanpassung