Mit der Natur arbeiten, um essbare Pflanzen anzubauen
Das bekannte Buch von Martin Crawford wird in Permakultur-Kreisen als Klassiker zum Thema gehandelt, obgleich der Autor selbst sagt, dass er das Waldgarten-System nicht explizit als Permakultur definiert. Nun ist auch dieses wegweisende Werk in deutscher Sprache veröffentlicht worden, wieder dank der Arbeit des OLV Verlags, welches im Original bereits 2010 erschienen ist. In anderen Büchern zum Thema Waldgarten verweisen die Autoren in der Regel früher oder später auf dieses Standardwerk von Martin Crawford, welches in seinem Informationsumfang der Fülle und Komplexität der Natur selbst zu gleichen scheint. Der Autor erschuf im britischen Devon Waldgärten, wo er aus seiner praktischen Erfahrung das Wissen schöpft, das er an Menschen aus aller Welt weitergibt, die selbst ein resilientes Öko- und Ertragssystem erschaffen möchten, welches Lebensraum für zahlreiche Wesen und gleichzeitig Nahrungsgeber sowie Erholungsraum und einiges mehr für Menschen sein kann. Als Gründer und Direktor des Agroforestry Research Trust gibt er auch Führungen, um seine Erfahrungen zu teilen.
Ein Waldgarten ist seiner Struktur nach einem jungen Wald nachempfunden, der genügend Licht zwischen die Bäume lässt, um dort mehrjähriges Gemüse, Obststräucher und andere Vegetation zuzulassen. Es wird auf mehreren Pflanzenebenen gestaltet, um eine Fläche optimal auszunutzen. Dabei geht es im Grunde darum, einen naturnahen Raum zu imitieren, der irgendwann nicht mehr viel zusätzliches Engagement benötigt (wie etwa in einem Gemüsegarten mit einjährigen Kulturen), sondern sich bspw. durch seine Stickstoff anreichernden Pflanzen und andere Kniffe selbst fruchtbar erhält. Dies ist nicht nur eine reizvolle Art, für sich und andere Tiere Lebensraum zu gestalten. Auch bietet ein Waldgarten Möglichkeiten an, auf klimatische Veränderungen zu antworten bzw. zu erkunden, welche Bäume und Pflanzen anzubauen heute für ein sich (hoffentlich auch künftig) selbst erhaltendes System Sinn machen. Der Autor widmet sich am Anfang auch der Auseinandersetzung mit dem Aspekt der Integration exotischer Pflanzen und positioniert sich dazu: generell sollten nützliche Pflanzen von anderswo, die lokal die Eigenständigkeit und Effizienz von Ertragssystemen erhöhen, immer willkommen sein.
Viele Beispiele in dem Buch beziehen sich auf den Kulturkreis des Autors, also die Britische Insel, wobei auch Hochrechnungen und Einschätzungen zu Klima, Artenvielfalt und anderes parallel dazu Bezug nehmend auf die Bundesrepublik Deutschland genannt werden. Die Heranführung an die eigene Gestaltung eines Waldgartens, egal welcher Größenordnung, die Überlegungen dazu und die verschiedenen Aspekte bzw. Pflanzebenen, werden Schritt für Schritt behandelt, ebenso Gestaltungsmaßnahmen wie Lichtungen und Wege, und Pflegemaßnahmen. Die wahre Größe des Buchs liegt vermutlich in den Kurzdarstellungen der zahlreichen Pflanzen der verschiedenen Ebenen: Baumebene, Strauchebene, Stauden und Bodendecker, Einjährige, Zweijährige und Kletterpflanzen. Einziger Wermutstropfen, auf den auch vom Verleger im Buch hingewiesen wird, ist, dass wir im deutschen Sprachraum zuweilen sehr unterschiedliche Klimata aufweisen und daher die Sortenempfehlungen im Buch nur eine grobe Orientierung darstellen können. Man muss sich schon selbst auf den Weg machen, bei Baumschulen und anderen Orten Informationen einholen, und die Angaben abgleichen mit den eigenen Bedingungen vor Ort. Dafür bietet dieses Grundlagenwerk jedoch eine überaus dienliche Hilfe und Unterstützung an.
Quelle
OLV Organischer Landbau Verlag, 2021
https://olv-verlag.eu/Einen-Waldgarten-erschaffen