Heute hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) sein Urteil zur rechtlichen Einordnung der neuen Gentechnikmethoden veröffentlicht. Tiere und Pflanzen, die mit den neuen Techniken wie CRISPR/Cas hergestellt wurden, gelten demnach nun rechtlich als Gentechnik. Damit müssen sie auch als solche reguliert und gekennzeichnet werden. Das ist ein Sieg für die Wahlfreiheit von LandwirtInnen, ZüchterInnen und VerbraucherInnen sowie für den Umwelt- und Verbraucherschutz.

Dazu erklärt Sophia Guttenberger, Referentin für Gentechnik beim Umweltinstitut München: „Der europäische Gerichtshof hat sein Urteil auf Basis wissenschaftlicher Fakten gefällt. Die Behauptung von Agrarkonzernen und industriefreundlichen Behörden, die neuen Verfahren seien gar nicht als Gentechnik anzusehen, wurde damit vom EuGH zurückgewiesen.“

Die Mehrheit der Bevölkerung in Europa lehnt genmanipulierte Lebensmittel ab. Durch das Urteil ist nun sichergestellt, dass die Wahlfreiheit entlang der Handelskette von der Erzeugung bis zu den EndverbraucherInnen erhalten bleibt.

„Die unabhängige Wissenschaft warnt seit Langem, dass der Einsatz der neuen Gentechnikmethoden ungeahnte Risiken für Gesundheit und Umwelt birgt“, so Guttenberger weiter. „Deshalb ist es von großer Bedeutung, dass das Gericht mit seinem Urteil das in der EU herrschende Vorsorgeprinzip gestärkt hat.“ In dem Urteil sei aber auch eine wichtige politische Botschaft enthalten: „Das System der industriellen Landwirtschaft mit riesigen Monokulturen und pestizidresistenten Designerpflanzen hat in Europa erst einmal einen Dämpfer erhalten. Das stärkt die bäuerliche Landwirtschaft, die auf natürliche Züchtung und angepasste Sorten setzt“, freut sich Guttenberger.

Nun ist die EU-Kommission am Zug, die Rechtsprechung auch politisch umzusetzen. „Jetzt muss sich Deutschland dafür einsetzen, dass diese Rechtsprechung schnellstmöglich im europäischen Gentechnikrecht Einzug findet.“


Hintergrund:

Gilt ein Organismus als „gentechnisch veränderter Organismus“ im Sinne der EU-Freisetzungsrichtlinie (Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März  2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt), so muss er gekennzeichnet werden, rückverfolgbar sein und einer Risikoprüfung unterzogen werden.

Bisher war jedoch weder gerichtlich noch politisch geklärt, ob Organismen, die mittels neuer genetischer Verfahren verändert wurden, unter die Regulation der Freisetzungsrichtlinie fallen. 

Im März 2015 hatten Verbände eine Klage beim französischen Verwaltungsgericht Conseil d‘ État eingereicht. Sie setzen sich damit gegen einen Artikel des französischen Umweltgesetzes zur Wehr, wonach Organismen, die durch Genome Editing – dazu gehört auch CRISPR/Cas9 – gewonnen wurden, nicht als gentechnisch verändert gelten. Diese Klausel im französischen Gesetz soll die europäische Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG umsetzen, die auf europäischer Ebene den Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen in der Landwirtschaft regelt. Da es sich um europäisches Recht handelt, baten die französischen Richter ihre Kollegen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Hilfe.

Die Freisetzungsrichtlinie fällt politisch unter die Zuständigkeit der EU-Kommission. Nach der Urteilsverkündigung wird deshalb eine Stellungnahme der EU-Kommission hinsichtlich deren Auslegung erwartet. Diese hat sich bis heute nicht dazu geäußert, ob einige der neuen Gentechnikmethoden künftig auch rechtlich als Gentechnik behandelt werden.

Kontakt:

Sophia Guttenberger
Referentin für Gentechnik in der Landwirtschaft
sg@umweltinstitut.org
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Pressestelle:

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Pressesprecher, Vorstand
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